Skip to main content

Ukraine: Filaret zum „Helden der Ukraine“ ernannt

24. Januar 2019

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Filaret (Denisenko) den Titel „Held der Ukraine“ verliehen. Filaret, der am 23. Januar 90 Jahre alt wurde, stand der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat vor, bis diese am 15. Dezember 2018 in der neu gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) aufgegangen ist. Filaret ist „Ehrenpatriarch“ der OKU und soll bei ihrer Entwicklung helfen.

Es gebe keine Art, den Beitrag Filarets zu den Bemühungen um eine autokephale Kirche der Ukraine angemessen zu würdigen, erklärte Poroschenko auf Facebook. Er „war, ist und bleibt ein geistlicher Führer der ukrainischen Kirche, ein geistlicher Führer des ukrainischen Volks“, deshalb erhält er den Titel „Held der Ukraine“. Poroschenko würdigte auch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, der der OKU am 6. Januar offiziell die Autokephalie verliehen hat, indem er ihm den Verdienstorden ersten Rangs verlieh. Dessen Leistung strich der Präsident auch bei einem Auftritt vor der Kathedrale von Vinniza am 13. Januar heraus. Doch die „spirituelle Arbeit“ habe erst begonnen, die Einheit sei sogar noch wichtiger als zuvor, sagte Poroschenko. Niemand könne die „Ukrainer aufhalten, die das russische Imperium und die Sowjetunion verlassen“ und das „Joch der Moskauer Kirche und des Moskauer Imperiums ablegen“. Die Kirche müsse vor dem Einfluss des Staats, insbesondere eines ausländischen Staats, geschützt werden, fügte er hinzu.

In Russland stoßen die Gründung der OKU und die Verleihung der Autokephalie nach wie vor auf Ablehnung. In einem Fernsehinterview kritisierte Metropolit Ilarion (Alfejev), Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, die „Verfolgung“ der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die in Gemeinschaft mit dem Moskauer Patriarchat steht. Er betonte deren administrative und finanzielle Unabhängigkeit von Moskau, es handle sich lediglich um eine historisch bedingte spirituelle Verbindung. Schließlich liege der Ursprung der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) „in Kiew, nicht in Moskau oder St. Petersburg“. Die ROK respektiere „politische Grenzen“, sie erwarte aber von Politikern Respekt für das „Selbstverständnis der Gläubigen in Russland, der Ukraine, Weißrussland, der Moldau und anderen Staaten, in denen die ROK präsent ist“. Das Vorgehen von Patriarch Bartholomaios schätzt Ilarion als Racheakt für das Fernbleiben der ROK am Panorthodoxen Konzil von Kreta 2016 ein.

Von den orthodoxen Lokalkirchen hat bisher keine die OKU offiziell anerkannt, die meisten Einschätzungen fallen kritisch aus. Der serbische Patriarch Irinej, der das Vorgehen Konstantinopels mehrfach kritisiert hat, befürchtet, dass die Spaltung zwischen Moskau und Konstantinopel verheerende Folgen haben könnte. Die Serbische Orthodoxe Kirche (SOK) ergreife für keine der beiden Seiten Partei, sondern für die „kanonische Wahrheit“. Der Versuch des Ökumenischen Patriarchats, die Angelegenheit im Alleingang zu lösen, habe sich als „katastrophaler“ Weg herausgestellt, und seinem Ansehen Schaden zugefügt. In seiner Weihnachtsbotschaft warf der serbische Metropolit Chrysostom (Jević) von Dabar-Bosna dem Ökumenischen Patriarchat vor, die Einheit der Orthodoxen Kirche zerstört zu haben. Der serbische Metropolit von Montenegro, Amfilohije (Radović), äußerte sich in einem Fernsehinterview ebenfalls kritisch. Bartholomaios‘ Vorgehen in der Ukraine stehe mit dem Geist der Orthodoxie nicht im Einklang. Er vermutete, dass politische Gründe sein Verhalten bestimmen.

Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche in Zypern, Erzbischof Chrysostomos, dementierte Gerüchte über seine Unterstützung für die OKU. Das wichtigste sei momentan nicht die Autokephalie-Frage, sondern die Spaltung der Orthodoxie zu verhindern. Die Einladung zu einem Treffen mit Metropolit Epifanij (Dumenko), dem Oberhaupt der OKU, habe er ausgeschlagen, er kommemoriere ihn bei der Liturgie auch nicht und werde das auch künftig nicht tun.

Für das Oberhaupt der Polnischen Orthodoxen Kirche, Metropolit Sawa, ist Epifanij noch nicht einmal ein Geistlicher, da er nicht von einer kanonischen Kirche geweiht worden sei. Den ukrainischen Behörden riet er, zuerst ihr Land zu einen und den Krieg zu beenden, und sich erst dann mit Kirchenangelegenheiten zu beschäftigen.

Der rumänische Patriarch Daniel hat sich nicht direkt zur Ukraine geäußert, aber in seiner Botschaft zur Eröffnung der Konferenz der International Orthodox Theological Association am 9. Januar in Iaşi die Bedeutung der Einheit betont. Er rief zu einer vertieften theologischen Auseinandersetzung mit der panorthodoxen Einheit in Bezug auf das konkrete Leben der Gemeinden auf. Zudem forderte er mehr Reflexion zu Synodalität, Primat und panorthodoxer Verantwortung sowie Wachsamkeit angesichts von Angriffen auf die Einheit der Kirche. (NÖK)

Kirche in Kiew: Lokales Handeln und globaler Glauben
Kommentar sigov vereinigungskonzilÜber die Autokephalie der Orthodoxen Kirche der Ukraine werden hitzige Debatten geführt. Konstantin Sigov ruft in Erinnerung, dass aus theologischer Sicht alle orthodoxen Kirchen den einen Leib Christi bilden. Diese Einheit ist tiefer als alle ethnischen, politischen oder linguistischen Unterschiede.

Orthodoxie in der Ukraine: Panorama und Entwicklungstendenzen
Kommentar bohdan ohulchanskyi orthodoxie ukraineAnlässlich des Vereinigungskonzils vom 15. Dezember, an dem das Oberhaupt der neuen autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine gewählt wurde, blickt Bohdan Ohultschanskyj auf die Spaltungen und Bemühungen um Autokephalie in der Ukraine seit den 1990er Jahren zurück.

After the Council: Challenges Facing the Orthodox Church of Ukraine
Sophienkathedrale ukraine kiewAm 15. Dezember hat ein Vereinigungskonzil in der Ukraine das Oberhaupt der neuen autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine gewählt. Nicholas Denysenko identifiziert drei zentrale Herausforderungen, vor denen die neue Kirche nun steht.


Die Autokephaliefrage der Ukrainischen Orthodoxen Kirche: Plädoyer für einen sozialethischen Ansatz
Kommentar sozialethik in ukraine frageIn der Debatte um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche wird oft kanonisch oder historisch argumentiert, dabei bleibe die konkrete Situation der Betroffenen auf der Strecke, erklärt Cezar Marksteiner-Ungureanu; deshalb plädiert er für einen sozialethischen Ansatz.

Assaad Elias Kattan über die Folgen des Bruchs zwischen Moskau und Konstantinopel
Interview kattanDer Bruch zwischen Moskau und Konstantinopel wird zahlreiche Auswirkungen haben, beispielsweise auf die Zusammenarbeit in orthodoxen Institutionen in der Diaspora, erklärt Assaad Elias Kattan. Zugleich bezweifelt er, dass andere orthodoxe Kirchen Moskau folgen werden.

The Case for Constantinople
Essay chryssavgis ukraine frage orthodoxy in dialogueJohn Chryssavgis, griechisch-orthodoxer Priester in Amerika und theologischer Berater des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in Umweltfragen, nimmt zu den Spannungen zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel in der Ukraine-Frage Stellung.

Kann die Geschichte den Konflikt um die ukrainische Autokephalie lösen?
Artikel bremer  senyk ukraineIn den Debatten um eine mögliche Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche wird immer wieder historisch argumentiert. Thomas Bremer und Sophia Senyk untersuchen diese Argumentation und ihr Potential, zur Konfliktlösung beizutragen.

Sergii Bortnyk zur Situation der ukrainischen Orthodoxie
Interview sergij bortnykDie Entsendung zweier Exarchen in die Ukraine durch das Ökumenische Patriarchat hat die Spannungen um eine mögliche Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche zusätzlich befeuert. Zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine nimmt Sergii Bortnyk Stellung.

Unabhängige Kirche in der Ukraine: Friendensgarant oder Kriegstreiber?
Sophienkathedrale 200Der Streit um eine autokephale Kirche in der Ukraine eskaliert zusehends. Regina Elsner analysiert im ZOiS Spotlight anhand der vier friedensethischen Leitkategorien – Recht, Gerechtigkeit, Gewalt und Herrschaft – Risiken und Chancen der Entwicklung.

Die russische Kirche verliert die Ukraine
Kommentar sergej chapnin kirill und bartholomaiosSergej Chapnin interpretiert das Treffen der Patriarchen von Moskau und Konstantinopel vom 31. August 2018, bei dem es um die Frage der Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche ging, und vermutetet einen unerfreulichen Ausgang für die Russische Orthodoxe Kirche.

Liliya Berezhnaya zur Frage der Autokephalie in der Ukraine
Interview liliya berezhnayaDie jüngsten Bemühungen um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche haben zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Liliya Berezhnaya erläutert die Rollen und Absichten der Beteiligten und setzt die Autonomiebestrebungen in einen historischen Kontext.

The Promise of Autocephaly in Ukraine: What’s at Stake?
Blog denysenko ukrainische autokephalieIm April 2018 hat Präsident Petro Poroschenko, unterstützt vom Parlament, den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios offiziell um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche gebeten. Nicholas Denysenko analysiert, was für die verschiedenen Akteure auf dem Spiel steht.