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Ukraine: Metropolit Epifanij zum Oberhaupt der neuen orthodoxen Kirche gewählt

20. Dezember 2018

Am Vereinigungskonzil zur Gründung einer eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine ist am 15. Dezember Metropolit Epifanij (Dumenko) zum Oberhaupt der neuen Kirche gewählt worden. Der bisherige Metropolit von Perejaslav von dem bis vor kurzem als schismatisch angesehenen „Kiewer Patriarchat“ trägt nun den Titel „Metropolit von Kiew und der ganzen Ukraine“. Am 6. Januar 2019 soll er in Istanbul den Tomos zur Verleihung der Autokephalie an die neue Kirche vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios erhalten. Die neue Kirche wird den Namen „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (OKU) tragen, ihre Hauptkirche wird das Michaelskloster in Kiew.

Das Vereinigungskonzil tagte unter dem Vorsitz des Pariser Metropoliten Emmanuel (Adamakis) vom Ökumenischen Patriarchat. Am Vereinigungskonzil nahmen 192 Delegierte teil, die Bischöfe hatten je einen Priester und einen Mönch oder Laien mitgenommen. Zu den Teilnehmern zählten alle Bischöfe der bis vor kurzem als unkanonisch geltenden Kirchen – der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat (UOK–KP) und der kleineren Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche (UAOK). Von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die dem Moskauer Patriarchat untersteht (UOK–MP), waren lediglich zwei Bischöfe erschienen: Metropolit Oleksandr (Drabynko) von Perejeslav-Chmelnizkyj und Metropolit Simeon (Schostazkij) von Vinniza.

Die Bischofsversammlung der UOK–KP hatte Metropolit Epifanij am 13. Dezember zum Kandidaten gekürt. Der 1979 geborene Epifanij war 2008 zunächst zum Sekretär des Kiewer Patriarchen Filaret (Denisenko) und kurz darauf zum Kanzler des Kiewer Patriarchats ernannt worden. 2009 wurde er zum Bischof geweiht und 2013 zum Metropoliten von Perejaslav ernannt. Er gilt als enger Vertrauter und rechte Hand von Filaret.

Nach seiner Wahl bat Epifanij Patriarch Bartholomaios um seinen Segen. Das Ökumenische Patriarchat teilte in einem Kommuniqué mit „großer Freude und Zufriedenheit“ den „erfolgreichen Abschluss“ des Vereinigungskonzils mit. Bartholomaios habe den neuen Metropoliten zur Überreichung des Tomos für den 6. Januar nach Istanbul eingeladen.

In seiner ersten Rede erklärte Epifanij, die „Türen unserer Kirche sind für alle offen“. Er rief zu Einheit und zur Vereinigung mit „dieser anerkannten einen lokalen Ukrainischen Orthodoxen Kirche“ auf. Im Fernsehen versicherte er, es werde nicht zur Besetzung von Kirchen der UOK–MP kommen. Diejenigen „Gemeinden, die freiwillig Teil der OKU werden wollen, müssen aufgenommen werden. Aber ohne Gewalt, ohne Taten, die zu Instabilität in der Gesellschaft führen“, betonte der Metropolit. „Nur Liebe und Respekt“ könnten die Grundlage für einen Übertritt sein.

Prominent trat Präsident Petro Poroschenko am Vereinigungskonzil in der Sophienkathedrale in Kiew auf. Er hatte sich seit April 2018 vehement für die Verleihung der Autokephalie eingesetzt und nahm nun am Konzil einen Ehrenplatz ein, zudem durfte er die Wahl Epifanijs verkünden. In seiner Rede betonte er, die Ukraine müsse sich von den „spirituellen Ketten“, die sie zur Ausübung eines fremden Willens zwängen, befreien. Die Autokephalie sei eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit und eine Frage der ukrainischen Souveränität, die jetzt erreichte spirituelle Unabhängigkeit könne mit der politischen Unabhängigkeit verglichen werden. „Wir durchtrennen die Ketten, die uns an das Reich fesseln. Wir kehren auf unseren gottgegebenen Pfad zurück und gehen nun unseren eigenen Weg“, sagte Poroschenko weiter. Den Konzilsteilnehmern rief er ihre „kolossale Verantwortung“ in Erinnerung. Die Zukunft der Ukraine, ihre Freiheit, der Staat und die spirituelle Unabhängigkeit hingen nun von ihnen allein ab, so der Präsident.

Das Konzil und die Wahl Epifanijs wurden von verschiedenen Seiten begrüßt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche der Ukraine, Bronislav Bernazky, gratulierte Epifanij. Der ukrainische Mufti Said Ismagilov gratulierte Epifanij zu seiner Wahl und den orthodoxen Christen zur Kirchengründung. Die Nation habe so einen der „mächtigsten Faktoren“ zum Schutz der Unabhängigkeit gewonnen. Er hoffe auf eine weitere Vertiefung des interreligiösen Dialogs und eine fruchtbare Zusammenarbeit. Auch das Außenministerium der USA übermittelte Metropolit Epifanij Glückwünsche und sprach von einem „historischen Moment“. (NÖK)

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