Bulgarien: Umstrittene Wahl des Metropoliten von Sliven
Am 26. Mai hat der Hl. Synod der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK) Arsenij (Lazarov) zum neuen Metropoliten der Diözese Sliven gewählt. Der Wahl gingen heftige Debatten und Proteste voraus, da der Hl. Synod die ersten Wahlen im März annulliert hatte. Das Wahlverfahren für einen Metropoliten sieht zwei Wahlphasen vor: Zunächst nominieren die Wähler der jeweiligen Diözese in geheimer Abstimmung zwei Bischöfe aus einer Liste, die den Wählern vom Hl. Synod vorgelegt wird. In der zweiten Phase wählt der Hl. Synod durch offene Abstimmung einen der beiden Nominierten zum Metropoliten.
Bei der ersten Wahl Ende Februar war Arsenij, Bischofsvikar des einflussreichen Metropoliten von Plovdiv, Nikolaj (Sevastijanov), nach der ersten Wahlphase ausgeschieden, bei der die Wähler der Diözese in erster Linie für Jerotej (Kosakov) gestimmt hatten, der seit 2014 Vikarbischof des im Januar 2024 verstorbenen Metropoliten von Sliven Joanikij (Nedelčev) gewesen war. Als Reaktion auf diese Wahl kassierte der Hl. Synod nicht nur die Wahlen und setzte einen Termin für Neuwahlen fest, sondern ordnete auch eine Finanzprüfung der Diözese an. Den Wählern der Diözese Sliven wurde eine neue Liste von Bischöfen vorgelegt, diesmal jedoch ohne Bischof Jerotej. Letzterer wurde für unfähig erklärt, eine Diözese zu regieren, weil er seine Wähler und Anhänger nicht daran hindern konnte, gegen die verfassungswidrige Kassation der Wahlen zu protestieren. Am Vorabend der zweiten Wahl beklagten sich seine Anhänger, dass es massiven Druck auf die Wähler gebe, Bischof Arsenij zu wählen. Die ergriffenen Maßnahmen zeigten jedoch Wirkung und Arsenij erhielt die meisten Stimmen. Eine Woche später stimmten sieben Metropoliten für ihn und fünf für Gerasim (Georgiev), den anderen nominierten Kandidaten.
Der neu gewählte Metropolit von Sliven Arsenij wurde 1986 geboren, 2007 wurde er zum Mönch tonsuriert und 2014 empfing er die Bischofsweihe, obwohl er erst 28 Jahre alt war, während das Statut der BOK 30 Jahre als Mindestalter für die Bischofsweihe vorsieht. Einen Tag nach seiner Wahl wurde er in der Diözese Sliven inthronisiert. In der Rede versprach er, mit starker Hand zu regieren und keine Opposition gegen seine Wahl zu tolerieren. Er enthüllte auch ekklesiologische Ansichten, die stark bischofszentriert sind. Der Bischof sei das Ebenbild Christi für das Volk, die Einheit der Kirche sei in ihm enthalten, und deshalb sollten die Gläubigen ihm klaglos folgen, so wie Christus dem Willen des Vaters gefolgt sei. Er drückte die Hoffnung aus, dass Frieden und Einheit in die Diözese zurückkehren werden. Sein Versprechen, das Vermächtnis seiner Vorgänger und seines geistlichen Führers, Metropolit Nikolaj, zu befolgen, gab dem weit verbreiteten Verdacht Nahrung, dass er sich bei den Wahlen für einen neuen Patriarchen für den Metropoliten von Plovdiv einsetzen könnte.
Trotz der Kontroversen um die Metropolitenwahl in Sliven wurden diese schnell durch eine andere Nachricht in Schatten gestellt: der Teilnahme einer Gruppe bulgarischer Bischöfe, angeführt von Metropolit Nikolaj, an einem Gottesdienst am 19. Mai in Istanbul. Die Liturgie wurde von Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel geleitet, und außer den bulgarischen zelebrierten auch Geistliche der Orthodoxen Kirche in der Ukraine (OKU) mit. Empörung darüber äußerten vor allem prorussische Gläubige, die diese Handlung als politisch und aus den USA gesteuert betrachten. Sie beschuldigen die konzelebrierenden Bischöfe der Spaltung und Häresie und befürchten, dass eine Wahl von Nikolaj zum Patriarchen zu einer starken Bindung der BOK an das Patriarchat von Konstantinopel und zu einem prowestlichen Kurs führen könnte. In der Einladung zur Wahl und Inthronisierung des neuen Patriarchen, die Nikolaj Bartholomaios übergab und die vom Metropoliten von Vraca Grigorij (Cetkov) als vorübergehend amtierendem Vorsitzenden des Hl. Synods unterzeichnet war, sehen prorussische Gläubige ihren Verdacht bestätigt. Metropolit Nikolaj dementierte seinerseits, dass er für das Patriarchenamt zur Verfügung stehe.
Unterdessen schreiten die Vorbereitungen für die Wahl des Patriarchen voran. Am 2. Juni wurden in den einzelnen Diözesen die Wahlmänner und -frauen (drei Geistliche und zwei Laien aus jeder Diözese) gewählt, die am 30. Juni für einen der drei Kandidaten ihre Stimme abgeben werden. Die Kandidaten wird der Hl. Synod an seiner Sitzung am 20. Juni nominieren.
Vladislav Atanassov