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Serbien: Orthodoxe Theologische Fakultät ruft Studierende zur Rückkehr in den Unterricht auf

02. Juli 2025

Die Leitung der Orthodoxen Theologischen Fakultät in Belgrad hat die Studierenden aufgefordert, ihren Boykott des Unterrichts zu beenden und wieder an den Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Die Studierenden sollten „in Gänze zu ihrem Dienst, dem Studium der Theologie, zurückkehren bzw. ohne Zögern und auf verantwortungsvolle Weise ihr Leben der Struktur der heiligen Kirche anpassen“. Die Lehrenden hätten die Solidarität der Studierenden mit Kollegen aus anderen Fakultäten akzeptiert und ihr unbestreitbares Recht, „als akademische Bürger an der öffentlichen Artikulation von gesellschaftlichen Protestforderungen teilzunehmen“. Doch nach sechs Monaten sei der Unterrichts- und Lebensablauf an der Fakultät „durch das Wirken einer kleineren Gruppe von Studierenden und mit Unterstützung von überwiegend auswärtigen (gastierenden) Akteuren“ gestört.

Die Leitung der Orthodoxen Theologischen Fakultät erinnerte die Studierenden außerdem daran, dass das Gebäude der Fakultät Eigentum der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) und nicht des Staates sei, im Unterschied zu anderen Fakultäten. Zudem betonte sie, dass die Theologische Fakultät, auch wenn sie Teil der Belgrader Universität sei, „ausschließlich aufgrund des Wohlwollens und des Segens“ der Kirche wirke. Ihre Mission sei „vor allem die Ausbildung von Kadern für den heiligen Dienst“ – für den priesterlichen Dienst, für Lehrende an den Priesterseminaren und für den Religionsunterricht.

Das Plenum der Theologiestudierenden hatte Mitte Dezember 2024 entschieden, sich dem Boykott des Unterrichts durch die Studierenden anderer Fakultäten der Universität anzuschließen. Bereits Anfang Juni war es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Fakultätsleitung und den Theologiestudierenden um die Ansetzung von Prüfungsterminen gekommen. Studierende blockierten daraufhin den Zugang zur Fakultät.

Auslöser der seit November andauernden landesweiten Massenproteste in Serbien, die vor allem von Studierenden getragen werden, war der Einsturz des Vordachs des kurz zuvor renovierten Bahnhofsgebäudes in Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Neben Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung der Korruption fordern die Studierenden mittlerweile auch Neuwahlen, um das Regime von Präsident Aleksandar Vučić abzulösen. Am 28. Juni, dem Vidovdan, einem der wichtigsten Feiertage in Serbien, demonstrierten ca. 140.000 Menschen friedlich für einen Rücktritt der Regierung und Neuwahlen. Am Abend kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten, wobei unklar ist, ob dies auf gezielte Provokateure seitens der Regierung zurückzuführen ist. Dutzende Menschen wurden festgenommen, und Präsident Vučić sprach von „ausländischen Kräften“, die für die Proteste und die Eskalation verantwortlich seien. Die Fronten zwischen den Protestierenden und der Regierung verhärten sich zusehendes, so haben Demonstranten Blockaden und Straßensperren in Belgrad und im ganzen Land errichtet und fordern die Freilassung der Inhaftierten.

Das Oberhaupt der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK), Patriarch Porfirije, ging in seiner Predigt zum Vidovdan im Kloster Ravanica in Zentralserbien nicht direkt auf die sich zuspitzenden Proteste ein, sondern rief die Bevölkerung zur Einheit auf. Bei einem Besuch in Moskau Ende April hatte der Patriarch wie Präsident Vučić von einer von außen gesteuerten „Farbrevolution“ in Serbien gesprochen, die hoffentlich abgewehrt werden könne. In der serbischen Öffentlichkeit hatte diese Aussage zu heftigen Debatten geführt.

Der serbische Theologe Blagoje Pantelić wies Ende Juni zudem daraufhin, dass die Verwaltung des der Theologischen Fakultät angeschlossenen Studentenwohnheims einem Studenten befohlen habe, aus dem Wohnheim auszuziehen. Der Student hatte zuvor öffentlich bei einem Plenum erklärt, dass der Verwalter, der Priester Boriš Šanjić, Druck auf die Mieter ausgeübt hätte, damit sie für einen Abbruch der studentischen Blockade stimmten. Pantelić bezeichnete den Rauswurf des Studenten aufgrund seiner Unterstützung der Blockade als „skandalös und unzlässig“ und appelierte an Šanjić, seine Entscheidung zu überdenken. Studierende drückten in sozialen Medien ihre Solidarität mit dem betroffenen Studenten aus und riefen zu Protesten auf. (NÖK)