Skip to main content

Ukraine: Metropolit Epifanij fordert von Patriarch Kirill Barmherzigkeit für russische Gefallene

01. März 2022

Metropolit Epifanij (Dumenko) von der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) hat am 27. Februar erneut zum Widerstand gegen die russische Aggression aufgerufen und dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios und anderen orthodoxen Hierarchen (u.a. in Rumänien, Georgien, Griechenland) für ihr Gebet und ihre Unterstützung gedankt. Zudem wandte er sich gleichentags mit einem Brief an Patriarch Kirill, er möge sich – wenn er schon nicht seine Stimme gegen die Aggression erheben wolle – wenigstens um die Rückführung der Leichname der 3000 gefallenen russischen, meist orthodoxen Soldaten kümmern.

Epifanij ging auch auf die atomaren Drohungen des russischen Präsidenten ein, die zeigten, dass nicht nur die Ukraine in Gefahr sei, sondern die ganze Welt. Wörtlich hielt der Metropolit fest: „Der Geist des Antichristen wirkt im Führer Russlands, dessen Zeichen uns die Schrift offenbart: Stolz, Hingabe an das Böse, Rücksichtslosigkeit, falsche Religiosität.“ Deshalb sei es die Aufgabe „aller Länder der Welt, aller Menschen guten Willens, Putin jetzt zu stoppen“. Er sehe und wisse bereits von vielen Geistlichen und Gläubigen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die zum Moskauer Patriarchat gehört, dass sie ihre Haltung gegenüber der Führung Russlands geändert hätten und zur Verteidigung der Ukraine zur Verfügung stünden. Er sei überzeugt, „dass sich viele Hierarchen, Priester und Laien des Moskauer Patriarchats bereits nach ihrer Zukunft fragten, die sie nicht mit dem diskreditierten Patriarchen Kirill in Verbindung bringen.“

In seinem Brief an Patriarch Kirill bat Metropolit Epifanij diesen, sich um die würdige Rückführung der Leichname der russischen Soldaten zu kümmern. Zwar gehe aus seinen „bisherigen öffentlichen Äußerungen leider bereits hervor, dass Ihnen die Aufrechterhaltung der Gunst Putins und der russischen Führung weitaus wichtiger ist als die Sorge um die Menschen in der Ukraine, von denen einige Sie vor dem Krieg als ihren Hirten betrachtet hatten“. Daher habe es wenig Sinn, Kirill aufzufordern, „etwas Wirksames zu tun, um Russlands Aggression gegen die Ukraine sofort zu stoppen“. Doch er habe immer noch die Hoffnung, dass „Sie zumindest gegenüber Ihren eigenen Mitbürgern, von denen die meisten orthodoxe Christen sind, Ihr Kirchenvolk, die geistige Kraft finden werden, Menschlichkeit und Fürsorge zu zeigen“. Damit bezog er sich auf die mehr als 3000 getöteten russischen Soldaten, deren „Leichen auf ukrainischem Boden liegen“. Die Führung der Ukraine habe bereits an das IKRK appelliert, die Überführung der Leichen russischer Soldaten in ihre Heimat zu erleichtern, damit deren Angehörigen und Freunde sich von ihnen verabschieden und sie bestatten können. Leider sei von russischer Seite noch keine Antwort eingegangen.

Deshalb „appelliere ich an Sie als Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche, wenigstens Ihren Mitbürgern und Ihrem Kirchenvolk gegenüber Barmherzigkeit zu zeigen“, so Metropolit Epifanij. Wenn Kirill seine Stimme schon nicht gegen die Aggression erheben könne, dann solle er wenigstens mithelfen, „die Leichen der russischen Soldaten einzusammeln, die für die Ideen der „russischen Welt“ – Ihre und die Ihres Präsidenten – mit ihrem Leben bezahlt haben.“

Das russische Verteidigungsministerium gibt inzwischen Gefallene zu, nennt aber keine Anzahl und behauptet, die Verluste der ukrainischen Armee und der „nationalistischen Formationen“ seien weit größer.

Regula Zwahlen

Die Russische Orthodoxe Kirche und das Militär: Verteidiger heiliger Grenzen
Zois spotlight elsner ukrainekrieg

In den vergangenen Jahren haben sich die Beziehungen des Militärs in Russland mit der Russischen Orthodoxen Kirche vertieft. Was das für die Rolle der Kirche und ihre friedensstiftende Mission bedeutet, erläutert Regina Elsner in einem ZOiS Spotlight.


Debatte: Russland, die Ukraine und der Westen
Hintergrund debatte onufry web

Der Krieg in der Ukraine wirft Fragen über Ursachen und die Rolle der Kirchen auf. Ein Kommentar von der Freiburger Dogmatikerin Barbara Hallensleben und eine Replik von Stefan Kube, Chefredakteur von "Religion & Gesellschaft in Ost und West" auf kath.ch.


Patriarch Kirill and Vladimir Putin’s Two Wars
Hintergrund chapnin text po web

Sergei Chapnin vergleicht die Reaktionen von Patriarch Kirill und Metropolit Onufrij auf den Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Es sei klar, dass der Patriarch seine Herde - weder das Volk in der Ukraine noch in Russland - gegen Putins aggressives Regime verteidigen könne.


Putins Traum einer Wiederbelebung der Sowjetunion ist zum Scheitern verurteilt
Hintergrund sigov bild zu interview web

Konstantin Sigov berichtet, wie er den ersten Kriegstag am 24. Februar erlebt hat. Er ist überzeugt, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer wie auf dem Majdan 2013/14 zusammenstehen.


NÖK Nachgefragt: Sergii Bortnyk zum russischen Angriff auf die Ukraine
Nachgefragt bortnyk web

In den frühen Morgenstunden des 24. Februar hat die russische Armee die Ukraine angegriffen. Sergii Bortnyk berichtet aus Kiew von den Reaktionen der Bevölkerung, der Politik und der Kirchen auf diese beispiellose Aggression.


Kiew hält die Erinnerung wach
Hintergrund foto sigov

Konstantin Sigov berichtet über die Atmosphäre in Kiew. Der Text ist zwei Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine geschrieben worden und endet mit der Frage: "Wann endlich werden sich das Mädchen aus Mariupol und der Philosoph aus Donezk in Kiew in Sicherheit fühlen?"


NÖK Nachgefragt: Kirchen zum Ukraine-Konflikt
Nö k nachgefragt elsner web

Der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine ließ in den letzten Wochen die Sorge vor einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine wachsen. Regina Elsner vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) schildert die Reaktionen der orthodoxen Kirchen in der Ukraine und Russland auf die Kriegsgefahr. Das Interview wurde am 16. Februar 2022 geführt.