Serbien: Bischofsvollversammlung schweigt zu Protesten
An der mit Spannung erwarteten jährlichen Sitzung der Bischofsvollversammlung der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) ist keine offizielle Position zu den seit Monaten im ganzen Land stattfindenden Massenprotesten verabschiedet worden. Jedenfalls werden diese im offiziellen Statement mit keinem Wort erwähnt. Auch der Besuch des serbischen Patriarchen Porfirije in Moskau, der in Serbien aufgrund seiner Aussagen über die Proteste Empörung ausgelöst hatte, wurde offenbar nicht diskutiert. In seiner Ansprache zum Beginn der Versammlung rief Porfirije bezeichnenderweise zur Einheit auf. Die aktuell „turbulenten Zeiten“ in der Welt und in Serbien erforderten das. Mehr denn je müsse die Kirche zeigen, dass sie versammle und nicht spalte sowie keine Partei ergreife. Die Bischöfe müssten beweisen, dass die Einheit der Kirche „alle irdischen Teilungen überwindet“.
An der Versammlung vom 13. bis 17. Mai in Belgrad, an der jeweils alle Bischöfe der SOK teilnehmen, wurde der Situation und den Problemen der Kirche in Serbien und der Republika Srpska sowie in den Nachbarländern und der Diaspora besondere Aufmerksamkeit gewidmet, heißt es in der Abschlusserklärung. Auch die Situation in Kosovo war wie jedes Jahr ein wichtiges Thema. Die Bischöfe besprachen weitere Themen wie die Verbreitung des Glaubens und Bildung, nahmen neue Heilige in den Heiligenkalender auf und verschoben einen Feiertag. Ein weiteres Thema waren die Kriege weltweit. In diesem Sinn erinnerte die Bischofsversammlung internationale Institutionen an das „Leiden der orthodoxen Christen in der Ukraine, Syrien, Palästina und bei uns, in Kosovo und Metohien“. Sie riefen alle Mächtigen auf, weiteres Blutvergießen, Hass, Intoleranz, Unrecht und Gesetzlosigkeit zu verhindern. Zudem entschieden sie über die neue Zusammensetzung des Hl. Synods. Die zweijährigen Mandate der bisherigen Mitglieder Metropolit Fotije (Sladojević) von Zvornik und Tuzla sowie Metropolit Teodosije (Šibalić) von Raška-Prizren dauern noch an. Neu für zwei Jahre wurden Metropolit Irinej (Bulović) von Bačka und Bischof Metodije (Ostojić) von Budimlje-Nikšić gewählt.
Laut Medienberichten kam es während der Versammlung zu einem Streit zwischen Patriarch Porfirije und Bischof Grigorije (Durić) von Düsseldorf und ganz Deutschland, bei dem es um die Unterstützung Grigorijes für die Studierendenproteste respektive Porfirijes regierungstreue Position ging. Offenbar hatte der Patriarch die sechs Bischöfe, die in einem öffentlichen Aufruf einen Text von Bischof David (Perić) von Kruševac verurteilt hatten, kritisiert. Die Auseinandersetzung zwischen Porfirije und Bischof Grigorije war laut Kirchenkreisen heftig. Angeblich machte der Patriarch deutlich, dass er nicht zulassen werde, dass der „Fall“ von Bischof David oder seine eigene Meinung ein Thema der Bischofsversammlung würden. Inoffiziell war angekündigt worden, dass „heikle Themen“ am 16. Mai besprochen werden, was aber offenbar nicht der Fall war.
Nach dem Streit musste Bischof Grigorije notfallmäßig ins Krankenhaus, wo er am Morgen darauf erfolgreich operiert wurde. Er leidet offenbar an einer chronischen Gallenkrankheit, sollte aber laut seinem Büro schon bald seine Arbeit wieder aufnehmen können. Laut der serbischen Boulevardzeitung Blic besuchte Patriarch Porfirije ihn im Krankenhaus. (NÖK)

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