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Tschechien: Hundert Jahre Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder

20. Dezember 2018

Im Jahr 1918 war Österreich-Ungarn ein Pulverfass, das kurz davor war, in die Luft zu gehen. Die politischen und staatsrechtlichen Veränderungen führten in Böhmen zur Abtrennung vom Wiener Kirchenrecht. Die tschechischen Protestanten spürten die Gunst der Stunde und begannen mit den innerkirchlichen Verhandlungen. Die angestrebte Vereinigung der zwei größten evangelischen Kirchen, der lutherischen (Augsburger Bekenntnis) und der reformierten Kirche (helvetisches Bekenntnis), war Inhalt der Verhandlungen. In der Euphorie über den Zerfall Österreich-Ungarns und zusammen mit den Vorzeichen eines freien tschechischen Staates lösten sich alle theologischen und politischen Bedenken, die einer Vereinigung vorher im Wege gestanden hatten, auf.

Schon am 16. Mai 1917 trafen sich die Vorstehenden der tschechischen Protestanten. Nach den Referaten von Josef Souček und Josef Hromádka wurde folgender Beschluss verfasst: „Die tschechischen Protestanten fühlen eine lebendige Sehnsucht danach, eine selbstständige tschechische nationale evangelische Kirche zu gründen, auf Spuren und Basis der böhmischen Reformation, dass die gegenwärtigen, geschichtlich gewachsenen, tschechischen Kirchen eine Einheit bilden.“ Großes Interesse an einem Anschluss an diese neue Kirche äußerten auch einige Tausend Tschechisch sprechende Protestanten in Schlesien, die sich von der Vereinigung mit der tschechischen Kirche eine Befreiung vom nationalistischen Druck versprachen, dem sie sich als Minderheit in den polnischen und deutschen Gemeinden ausgesetzt sahen.

Mit der Gründung der Tschechoslowakei am 28. 10. 1918 begann die Neuorganisation der evangelischen Kirchen und ihr Zentralausschuss beschloss die Einberufung  einer allgemeinen Kirchenversammlung, welche feierlich die Vereinigung der beiden Kirchen auf der Basis des Böhmischen und des Brüderischen Bekenntnisses erklärte.

Die konstituierende Generalversammlung wurde am Dienstag, den 17.12.1918 um neun Uhr im Smetana-Saal im Prager Repräsentationshaus Obecní dům abgehalten. In den Reden, die nacheinander von den Vorstehenden beider Konfessionen gehalten wurden, kann man heute das Pathos der Stunde nachempfinden: gesprochen wurde von „tiefer Dankbarkeit“ für die „Befreiung der Nation“, Tomáš Garrigue Masaryk, der erste Präsident der Tschechoslowakei wurde als Instrument von Gottes Gerechtigkeit bezeichnet. Außerdem wurden die protestantischen Ideale gepriesen: Demokratie, Freiheit und Verantwortung. Die Abschlussresolution lasen Ferdinand Hrejsa und Antonín Frinta: die evangelischen Kirchen augsburgerischen und helvetischen Bekenntnisses sind vereinigt.

Weiterlesen auf e-bulletin.cz (3. Dezember 2018)