Polen: Parlament bearbeitet Volksinitiative für obligatorischen Religions- und Ethikunterricht
Am 26. September haben 231 Abgeordnete im polnischen Sejm für eine weitere Beratung des Gesetzesentwurfes der Volksinitiative „Ja zu Religion und Ethik an der Schule“ gestimmt, nachdem die Partei Lewica (Linke) zuvor einen Antrag auf Ablehnung der Initiative gestellt hatte. 191 Abgeordnete folgten der Ablehnungshaltung, vier enthielten sich der Stimme. Die Initiative wendet sich gegen die am 17. Januar 2025 vom Bildungsministerium verfügte Reduktion des bisher freiwilligen schulischen Ethik- und Religionsunterrichts von zwei Stunden auf eine Randstunde pro Woche und verlangt die Einführung von zwei obligatorischen Religions- oder Ethikstunden pro Woche. Die Bildungsreform ist seit 1. September in Kraft. Die „Vereinigung der Laienkatecheten“ und die rechtskonservative Organisation „Ordo Iuris“ hatten für ihre gemeinsame Volksinitiative laut eigenen Angaben mehr als eine halbe Million Unterschriften gesammelt und sie im Juni beim Sejm eingereicht, wobei bereits 100'000 Unterschriften genügt hätten.
Neben den nationalkonservativen und rechten Oppositionsparteien stimmten auch einige Abgeordnete aus dem Regierungslager für die weitere Beratung des Gesetzentwurfes im Parlament: nämlich die konservative PSL-Fraktion sowie Parlamentspräsident Szymon Holownia und ein Teil seiner Partei Polska 2050. Die größte Regierungsfraktion, die Bürgerkoalition des liberal-konservativen Ministerpräsidenten Donald Tusk, lehnte hingegen die Initiative für die Stärkung der Schulfächer Religion und Ethik ab und unterstützte den Antrag der Linken.
Nun werden sich die parlamentarische Kommission für Bildung und Wissenschaft und die Kommission für territoriale Selbstverwaltung und Regionalpolitik mit dem Gesetzentwurf befassen, ihn möglicherweise ändern und dann in Zweiter Lesung im Plenum zur Abstimmung vorlegen.
Auch die Polnische Bischofskonferenz hatte die Bildungsreform mehrfach verurteilt und ließ Anfang September landesweit in Gottesdiensten einen Hirtenbrief verlesen, in dem sie sich gegen die Reduktion des Religionsunterrichts an den Schulen aussprachen und an das Recht der Schüler und Eltern auf Religionsunterricht appellierten.
Regula M. Zwahlen