Estland: Parlament verabschiedet umstrittenes Religionsgesetz in dritter Lesung
Am 17. September hat das estnische Parlament umstrittene Anpassungen des Religionsgesetzes zum dritten Mal angenommen. Nach der Annahme in den ersten beiden Lesungen hatte der estnische Präsident Alar Karis das Gesetz jeweils zurückgewiesen, weil er es für nicht verfassungskonform hielt. An das Parlament kann er es nun nicht mehr zurückweisen, aber er kann es dem Obersten Gericht zur Begutachtung vorlegen.
Bei der dritten Lesung stimmten 63 Abgeordnete für die Annahme der Gesetzesänderung, 15 stimmten dagegen, neun enthielten sich und 14 Abgeordnete waren abwesend. Für die zweite Lesung waren Änderungen am Gesetzestext vorgenommen worden, für die dritte nicht mehr. Die Gesetzesanpassungen sollen ausländische Einflussnahme auf estnische Glaubensgemeinschaften verhindern. Sie zielen vor allem auf das Moskauer Patriarchat und die ihm unterstehende Estnische Christliche Orthodoxe Kirche (ECOK). Seit der russischen Großinvasion in die Ukraine steht die ECOK wegen der Haltung des russischen Patriarchen Kirill und der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) zum Krieg unter Druck. Mehrfach mussten sich ihre Bischöfe vor Behörden rechtfertigen und die Aufenthaltsbewilligung ihres Oberhaupts, Metropolit Evgenij (Reschetnikov), wurde nicht verlängert. Seither leitet er die ECOK von Russland aus. Als Reaktion hat die ECOK ihr Statut und ihren Namen geändert, um ihre Unabhängigkeit zu betonen, aber sie lehnt es ab, ihre Verbindung zum Moskauer Patriarchat gänzlich aufzulösen.
Präsident Karis bestritt nach den ersten beiden Lesungen im April und im Juni 2025 nicht die Bedrohung durch das Moskauer Patriarchat, aber er befand die Gesetzesanpassung für unverhältnismäßig, da sie die Versammlungs- und Religionsfreiheit zu sehr einschränke. Zudem gebe es andere rechtliche Mittel zum Schutz der Souveränität und Demokratie, sie würden lediglich unzureichend ausgeschöpft. Nach der zweiten Lesung monierte er, dass seine Kritikpunkte unzureichend umgesetzt worden seien. Zudem kritisierte er die Eingriffe in religiöse Angelegenheiten als zu weitreichend, während andere Aspekte zu vage formuliert seien. Dies könnte zu einer Flut von Gerichtsfällen führen. (NÖK)

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