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Deutschland: Bischöfe werden Dialog mit Polen, Tschechien und Ungarn vertiefen

05. April 2018
Das Gespräch und den Austausch mit den Kirchen in Mittel-, Südost- und Osteuropa will die Deutsche Bischofskonferenz intensivieren. Bei einem Studientag über Verständnisgrundlagen für den Dialog mit der Kirche dort hat die Vollversammlung Ende Februar in Ingolstadt  — zusammen mit Fachleuten aus den genannten Ländern und von Renovabis —  damit begonnen. Seitens der federführenden Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz gilt es ab sofort, das Augenmerk vermehrt auf Europa zu legen: "Unser Kontinent ist schließlich ein Ausgangspunkt für Frieden und die Bewahrung der Schöpfung", betonte Kommissionsvorsitzender Erzbischof Ludwig Schick. Es liege im Interesse aller Menschen, "dass Europa  zusammenwächst". Deshalb werde der Ost-West-Dialog bei der Kommission Weltkirche bis 2023 im Zentrum stehen. Erwartet würden gegenseitige Impulse für Gerechtigkeit und Frieden zugunsten von Europa und für die ganze Welt.

Auf allen Ebenen bis hin zu Pfarrgemeinden soll der Austausch nun stattfinden - auch mit Hilfe des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis. Wie ernst den Bischöfen dieses Anliegen ist, zeigt eine Initiative von ganz oben: Ende August wird Kardinal Reinhard Marx als Bischofskonferenz-Vorsitzender ins polnische Danzig reisen, um den polnisch-deutschen Dialog voranzubringen.

"Es ist wie bei der ersten Liebe, da läuft alles noch ganz flott", sagte Erzbischof Schick. Diese erste Liebe, das sei die Zeit nach 1989, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, gewesen. Damals wäre den Zeitgenossen die Zukunft von Ost und West wohl eher rosig vorgekommen: Als "Euphorie-Phase" beschreibt Schick das. Inzwischen gleiche die Beziehung der Westeuropäer zu Mittel- und Osteuropa schon eher einer alten Ehe mit allen Schwierigkeiten im Alltag und leider auch eher weniger Perspektive. Dies Verbindung gelt es aber besonders in Krisenzeiten gut zu pflegen.

Dabei komme zunächst aufs Hinhören und Verstehen der Partner an. Zugehört haben die deutschen Bischöfe aber nicht etwa ihren Mitbrüdern aus dem Osten Europas, sondern Fachleuten, die sich gut mit den Phänomen ihrer Gesellschaften und auch mit den Besonderheiten der Kirchen in Tschechien, Ungarn und Polen auskennen.

Der tschechische katholische Theologe Tomáš Halík warnte eindringlich davor, Populismus allein als ein mittel- oder osteuropäisches Phänomen zu begreifen. Es gebe ihn auch im Osten Deutschlands und in Westeuropa. Oft reagierten Menschen auf eine durch Globalisierung zu komplex gewordene Welt. "Die Populisten möchten einen Feind für diese Angst anbieten", sagte Halík mit Blick auf flüchtlingskritische Haltungen von Staaten im Osten Europas. Gefragt sei ein ehrlicher Austausch. Kirchen und Theologen müssten sich einmischen, forderte er, "auch wenn Christen, nicht nur in Tschechien, eine Minderheit sind. Wir sollten aber eine kreative Minderheit sein".

Der ungarische Religionswissenschaftler András Máté-Tóth sagte, die Gründe für die unterschiedlichen Haltungen zu Flüchtlingen müssten aus der Geschichte heraus gesehen werden. Wenn jetzt "viele Menschen anklopfen, löst das Ängste aus, erneut die Selbstbestimmung zu verlieren". Máté-Tóth verurteilte besonders "pauschale Etikettierungen in Ost und West durch die jeweils andere Seite" — etwa in der deutschen Presse über Ungarn und umgekehrt. Es komme darauf an, die Verletzungen und Empfindlichkeiten des Anderen zu begreifen, um einen erfolgreichen Dialog vital zu halten.

Der Hauptgeschäftsführer von Renovabis, Pfarrer Christian Hartl, erinnerte daran, dass die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken vor 25 Jahren gegründet worden ist. Wenn man nun feststellen müsse, dass die Euphorie verflogen ist, ja sogar die grundlegende Idee des solidarischen und fürsorglichen Miteinanders der Menschen infrage gestellt wird, dann seien für ihn drei "B" umso wichtiger: "Bildung, Beziehungen, Beisammen-Bleiben. Bildung meint hier: Sich eine Meinung bilden durch Kenntnis der geschichtlichen Hintergründe und aktueller Vorgänge, Beziehungen meint die Pflege von Freundschaften und Besisammen-Bleiben heißt, auch Meinungsverschiedenheiten und Spannungen auszuhalten." Hartl sprach in diesem Zusammenhang von „einer kleinen Philosophie der Freundschaft“. „Einander Freund sein bedeutet nicht, immer einer Meinung zu sein. Der Freund hat eine andere Biographie und vertritt deshalb manchmal einen anderen Standpunkt und dafür interessiere ich mich, weil mir der Freund wichtig ist.“ Hartl verwies auf das Leitwort von Renovabis für das Jubiläumsjahr: "miteinander. versöhnt. leben."  (Thomas Schumann, Renovabis)