Russland: Orthodoxe Kirche betet für Opfer des Terroranschlags
Der russische Patriarch Kirill hat den Angehörigen der Opfer und den Verletzten des Terrorakts in Moskau sein Beileid ausgedrückt und sich tief erschüttert über den Anschlag gezeigt. Noch am gleichen Abend spät erklärte er in einem Statement, dass die „Gräueltat“ durch „ihren Zynismus und ihre Brutalität“ auffalle. Die Betroffenen rief er auf, den Glauben nicht zu verlieren, Mut und Geistesstärke zu bewahren und eifrig zu beten, denn Gott sei „immer mit den Leidenden und Trauernden“. Zudem zeigte er sich überzeugt, dass die Sicherheitskräfte alles dafür tun würden, das Verbrechen schnellstmöglich aufzuklären und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen.
Am 22. März hatten mehrere Bewaffnete die Crocus City Hall im Moskauer Vorort Krasnogorsk gestürmt und dort auf Konzertbesucher geschossen, daraufhin setzten sie das Gebäude in Brand. Sie töteten 144 Menschen, zudem gab es Hunderte Verletzte. Die Terrororganisation Islamischer Staat Khorasan bekannte sich zu dem Anschlag. Der russische Präsident Vladimir Putin sieht jedoch die Hintermänner in der Ukraine und im Westen.
Bei Patriarch Kirill und der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) trafen zahlreiche Beileidsschreiben aus der ganzen Welt ein. Neben den meisten anderen orthodoxen Lokalkirchen verurteilte auch der Ökumenische Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel den Anschlag scharf und drückte dem russischen Volk sein Mitgefühl aus. Auch nicht-orthodoxe Glaubensgemeinschaften kondolierten, unter anderen äußerte Papst Franziskus seine Anteilnahme. Der Vorsitzende der römisch-katholischen Bischofskonferenz in Russland, Erzbischof Paolo Pezzi, drückte den Angehörigen der Opfer ebenfalls sein „tiefstes Mitgefühl“ und allen Betroffenen seine Unterstützung aus, sein Herz sei mit „Schrecken und Schmerz“ gefüllt. Er bat die Gläubigen, für die Toten, die Rettung der lebensgefährlich Verletzten, die Heilung der Verwundeten sowie um Mut und Geduld für die Helfer zu beten. Patriarch Kirill erhielt auch ein Beileidsschreiben des Großmuftis des Kaukasus, Allahschükür Paschazade. Dieser verurteilte die „abscheuliche und perfide Gräueltat“ entschieden und beurteilte sie als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Er bete um Stärke und Geduld für die Angehörigen der Getöteten und drückte allen Opfern sein Mitgefühl und seine Unterstützung aus.
Am 24. März wurde in den Sonntagsgottesdiensten in allen Kirchen der ROK auf Anordnung des Patriarchen für die Opfer des Terroranschlags gebetet. Schon tags zuvor hatte Patriarch Kirill im Anschluss an den Gottesdienst in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau einen Gedenkgottesdienst für die Umgekommenen abgehalten. In seiner Predigt zu Beginn der Trauerfeier sagte er, dass die erste Reaktion der Kirche auf die Tragödie das Gebet sein müsse. Später werde es eine offizielle Position dazugeben, er bereite schon ein solches Statement vor. Doch in erster Linie „müssen wir unsere christliche Pflicht erfüllen und für die unschuldig getöteten Menschen beten“, sagte er weiter. Ein Gedenkgottesdienst fand auch in der Hauptkirche der Streitkräfte Russlands statt.
Am 25. März hielten Geistliche der Eparchie Odintsovo, zu der Krasnogorsk gehört, beim spontan entstandenen Mahnmal bei der Crocus City Hall alle zwei Stunden einen Gedenkgottesdienst für die Opfer des Terroranschlags ab. Dabei boten sie allen, die an den Gebeten teilnehmen wollten, auch ihre spirituelle Unterstützung an. Zudem wies Patriarch Kirill die Synodalabteilung für kirchliche Wohltätigkeit und sozialen Dienst an, den Betroffenen seelsorgerisch Hilfe zu leisten. Geistliche besuchten auch die Verwundeten in den Krankenhäusern. Angesichts der erhöhten Terrorwarnstufe in Moskau wies der Patriarch die Kirchgemeinden und Klöster der Eparchie Moskau an, ebenfalls für stärkere Sicherheitsvorkehrungen zu sorgen, insbesondere an Feiertagen, wenn viele Gläubige die Gottesdienste besuchten. Zudem sollen sie mit den Sicherheitskräften zusammenarbeiten, insbesondere falls es zu weiteren Vorfällen kommen sollte.
Aus fundamentalistischen Kreisen der ROK waren allerdings auch Vorwürfe an die Opfer zu hören. Weil sie am Freitag der ersten Fastenwoche ein Konzert besucht hätten, seien sie an ihrem Schicksal selbst schuld, lautete der Tenor. Besonders gehässig äußerte sich der prominente Erzpriester Andrej Tkatschov, der häufig im Fernsehsender der ROK auftritt und die Leitung der Kirche des in Ungnade gefallenen Alexej Uminskij übernommen hat. Allerdings scheint sein Telegram-Post zu weit gegangen zu sein, jedenfalls löschte er ihn kurz darauf. Allerdings kursieren zahlreiche Screenshots davon in den sozialen Medien. (NÖK)