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Georgien: Mehrheit glaubt an Schutz vor Corona durch Religion

20. August 2020

Eine Mehrheit der Georgier denkt, dass ihr Glaube sie vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützt. Dies zeigt eine Studie des Caucasus Resource Research Centers (CRRC) im Auftrag des National Democratic Institute zur Erforschung der öffentlichen Meinung in Georgien angesichts der Coronavirus-Epidemie. Die repräsentative Umfrage wurde Ende Juni durchgeführt.

Auf die Frage, ob sie der Aussage „Der Glaube schützt die Anhänger meiner Religion davor, mit Covid-19 angesteckt zu werden“ zustimmen, antworteten 53 Prozent der Befragten mit ja. 38 Prozent stimmten nicht zu, während 9 Prozent keine Antwort gaben. Dabei zeigten sich kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern sowie der urbanen und ländlichen Bevölkerung. Bei den unter 35-Jährigen stimmten jedoch nur 45 Prozent der Aussage zu, während es bei den 35- bis 54-Jährigen 60 Prozent und den über 55-Jährigen 50 Prozent waren. Von denjenigen Gläubigen, die mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst besuchen, bejahten die Frage 63 Prozent. Bei denjenigen, die seltener Gottesdienste besuchen, waren es noch 49 Prozent. Allerdings haben laut der Umfrage nur 10 Prozent der orthodoxen Christen (87 Prozent der georgischen Bevölkerung) angegeben, in diesem Jahr Ostergottesdienste besucht zu haben.
Allerdings glauben nur 17 Prozent der Befragten, dass Georgien „vor allem aufgrund seiner Genetik und Religion“ während der Pandemie bisher mit relativ wenig Infizierten und Todesopfern davongekommen ist. Die Kirche und religiöse Anführer gelten laut der Umfrage als vertrauenswürdige Informationsquellen hinsichtlich der Pandemie. So vertrauen 61 Prozent der Befragten diesen ganz oder teilweise. An der Spitze der vertrauenswürdigen Informationsquellen steht die Gesundheitsbehörde mit 90 Prozent, gefolgt von der Regierung mit 85 Prozent. Laut einer anderen Bevölkerungsbefragung von Juni und Juli 2020 des Center for Insights in Survey Research, das zum International Republican Institute gehört, ist die Georgische Orthodoxe Kirche (GOK) eine der vertrauenswürdigsten Institutionen des Landes. 85 Prozent der Befragten bewerteten demnach die Arbeit des Patriarchats von Georgien positiv. Nur die Armee erhielt mit 89 Prozent höhere Zustimmungswerte. Eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer billigte zudem die Entscheidung der GOK, trotz der Pandemie Gottesdienste abzuhalten – 37 Prozent billigten sie völlig, 32 Prozent billigten sie eher. 89 Prozent der Befragten haben zudem eine positive Meinung über Patriarch Ilia II., damit schneidet er von allen öffentlichen und spirituellen Führungsfiguren am besten ab.
Die sehr positive Wahrnehmung der GOK ist jedoch in den letzten zehn Jahren leicht gesunken. Während laut Daten des CRRC 2008 noch 75 Prozent der Georgier der GOK völlig vertrauten, waren es 2019 noch 33 Prozent. Dafür stieg der Anteil derer, die ihr eher vertrauen, von 15 auf 38 Prozent. Ebenfalls deutlich zahlreicher wurden Personen, die der Kirche weder vertrauen noch misstrauen, ihr Anteil stieg von 4 auf 21 Prozent. Konstant klein blieb hingegen der Anteil derjenigen, die der GOK eher oder völlig misstrauen. Diese Entwicklung kann laut dem stellvertretenden Forschungsleiter des CRRC mit verschiedenen Skandalen, darunter die Beteiligung von Priestern an gewalttätigen Ausschreitungen gegen LGBT-Aktivisten 2013, ein Mordkomplott gegen die Sekretärin des Patriarchen 2017 und internen kirchlichen Konflikten 2019, in Verbindung gebracht werden. Den Ansehensverlust erleide die GOK dabei in erster Linie bei den Gläubigen, die angeben, wöchentlich oder öfter Gottesdienste zu besuchen. (NÖK)

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