Monitor: "Verfolgte" Kirche in der Ukraine?
Kriegspropaganda, Kirchenkonflikt und globale Konsequenzen
von Regina Elsner
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat neben humanitären, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Aspekten auch eine bedeutsame religiöse Dimension. Der Eindruck einer staatlich unterdrückten Kirche bleibt als Mythos im öffentlichen Raum, und das Moskauer Patriarchat versteht sich weit über die geografischen Grenzen des russischen Kulturkreises hinaus als Schutzmacht der Christen.
Seit der Unabhängigkeit der Ukraine gibt es mehrere konkurrierende orthodoxe Kirchen im Land. Die Russische Orthodoxe Kirche betrachtet die Ukraine und Belarus als ihr kirchliches Territorium. In den Konflikten zwischen den Kirchen kam es immer wieder auch zu gewaltsamen Angriffen, die Kirchenfrage wurde außerdem häufig politisch instrumentalisiert.
Die Behauptung Wladimir Putins, mit dem Krieg in der Ukraine auch Gläubige der orthodoxen Kirche schützen zu wollen, ist Kriegspropaganda, die jedoch auch von der Russischen Orthodoxen Kirche unterstützt wird. In enger Zusammenarbeit mit der Leitung der ROK hat Wladimir Putin die Vorstellung verbreitet, in der Ukraine hätte es eine systematische Verfolgung der Gläubigen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) gegeben, ähnlich wie die angebliche Unterdrückung russischsprachiger Menschen. Dem gegenüber stehen die blinde Zerstörungswut der russischen Armee und das Ignorieren der Opfer in der Ukraine als Opfer der russischen Armee.
Der Schutz „verfolgter Christen“ ist auch außerhalb der Ukraine zu einem bedeutenden Element der globalen Aktivitäten der Russischen Orthodoxen Kirche geworden, darum muss der Missbrauch des Arguments im Krieg alle Akteure für Religionsfreiheit sensibel in der Zusammenarbeit machen.