Ungarn: Erzbischof von Budapest: "Es geht um eine Öffnung zur Welt"
Ziel der Internationalen Eucharistischen Kongresse der katholischen Kirche ist keine Machtdemonstration, sondern eine kirchliche „Öffnung zur Welt“. Das hat der Gastgeber des nächsten Weltkongresses, der Budapester Erzbischof Kardinal Peter Erdő, in einem Interview mit der deutschen Tagespost betont. Das Motto des vom 5. bis 12. September stattfindenden Großereignisses, bei dem Papst Franziskus die Schlussmesse feiern soll, bildet der Psalmvers „Alle meine Quellen sind in Dir“. Die Quelle bleibe nicht in der Kirche, „sondern gibt der ganzen Welt Wasser“, sagte der ungarische Primas. Das zeige sich etwa in der sozialen und karitativen Arbeit der Kirche, weshalb etwa zum Start des Eucharistischen Kongresses auch ein Mittagessen für Obdachlose geplant sei.
Die Weltkongresse sollen das Verständnis und die Verehrung des Sakraments der Heiligen Eucharistie in der Orts- und Weltkirche fördern und vertiefen. Budapest wird zum zweiten Mal nach 1938 Gastgeber des alle vier bis fünf Jahre stattfindenden katholischen Großtreffens sein. Für die Ungarn bedeute die neuerliche Gastgeberrolle „sehr viel“, so Kardinal Erdő. Dass der Papst komme, sei auch ein „Zeichen der Freundschaft und Aufmerksamkeit gegenüber dem ungarischen Volk“. Von den Erinnerungen an den Kongress von 1938 habe eine ganze Generation gelebt. Erdő: „Da war das Gefühl, dass die göttliche Vorsehung uns nicht vergisst, auch wenn die Weltmächte kleine Völker wie die Ungarn leicht vergessen.“
Zentraler Schauplatz des nunmehrigen Kongresses wird das „Hungexpo“-Messegelände sein. Für die Kongressteilnehmer beginnt dort jeder Tag mit einem gemeinsamen Gebet und von Bischöfen aus aller Welt geleiteten Meditationen. Es folgen Katechesen zu Glaubensthemen, Gottesdienste und Arbeitsgruppen an den Nachmittagen. Ergänzt wird das Programm durch ein reiches Angebot u.a. an Ausstellungen, Konzerten und einem Familientag auf der Budapester Margareteninsel. Schlusspunkte sind am 11. September eine Kerzenprozession vom Kossuthplatz vor dem Parlament über den breiten Boulevard der Andrassy-Straße zum Heldenplatz, wo der Papst tags darauf am 12. September den Abschlussgottesdienst feiert.
Etwa die Hälfte der Ungarn ist katholisch getauft. Im Land gebe es aber heute „mehr Indifferentismus und religiöse Trockenheit“ als in anderen früher sozialistischen Staaten Mitteleuropas, sagte Kardinal Erdő im Gespräch der Tagespost. Die ungarische Gesellschaft sehe stattdessen in mancher Hinsicht heute aus wie frühere Sowjetrepubliken. So behaupte man auch in Russland, die eigene Identität aus dem christlichen Erbe zu schöpfen, aber die Nichtgläubigen seien in der Mehrheit, wie der Budapester Erzbischof erklärte: „In Ungarn unterscheidet man zwischen der christlichen Kultur und dem Christentum als gelebter Religion.“
Verbreitet sei auch das Phänomen der Institutionen-Feindlichkeit, so Erdő weiter. Dies zeige sich etwa an der geringen Zahl standesamtlicher sowie kirchlicher Eheschließungen: „Bei uns geht es weniger um die Frage, wie man eine zweite standesamtliche Ehe kirchlich sieht, sondern wie wir damit umgehen, dass viele weder kirchlich noch standesamtlich heiraten, aber zusammenleben“, schilderte der Kardinal.
Die vielen Reibeflächen zwischen der EU und der ungarischen Regierung erklärt sich Erdő mit der wirtschaftlich, aber auch kulturell anderen Entwicklung der Ungarn im Vergleich zu den Westeuropäern. Europa müsse sich auf seine Wurzeln besinnen und aus dem jüdisch-christlichen Erbe schöpfen, so der Kardinal: „Als wir nach der Wende der EU beitraten, konnten wir über die Prinzipien der Union nicht mehr verhandeln, sondern mussten sie annehmen, wie sie waren. Das kann psychologisch und strukturell ein Problem sein. Europa braucht eine Erneuerung.“ (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)