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Tschechien: Aufregung um Jesulein-Besuch von Babiš im Wahlkampffinale

25. Januar 2023

In der Tschechischen Republik nimmt der Präsidentschaftswahlkampf vor dem zweiten Durchgang an Fahrt auf. Die am 27. und 28. Januar zum Duell antretenden Kandidaten Andrej Babiš und Petr Pavel sind bemüht, auch die christlichen Wähler zur Teilnahme an der Wahl und zur Stimmabgabe für sie zu motivieren. Besondere Aufmerksamkeit erregte dabei am 17. Januar der Versuch von Babiš, das sogenannte Prager Jesulein in der Kirche Maria vom Siege auf der Prager Kleinseite aufzusuchen. In Erwartung seines Besuchs hielten die Karmeliten als Verwalter der Kirche das Tor an diesem Vormittag verschlossen, doch kam Babiš erst nach der Öffnung der Kirche zu Mittag. Er habe „leider Gottes tags zuvor unvorsichtigerweise den Kirchenbesuch den Medien angekündigt“, bekundete der frühere Ministerpräsident. Dass die Kirche versperrt wurde, verstehe er nicht, denn vor Gott seien „wir alle gleich“ und „sogar Mörder“ hätten „Zutritt, um um Vergebung zu bitten“. Als er die Kirche am 12. Januar, am Tag vor dem ersten Wahldurchgang, aufgesucht habe, habe er dies nicht publik gemacht und niemand habe ihn daran gehindert. Im Übrigen trage er stets eine Kopie des Jesuleins mit sich.

Kirchenrektor Pater Pavel Pola ließ verlauten, „angesichts der Terminisierung und medialen Aufbereitung dieses Besuchs“ halte man diesen „eindeutig für einen Bestandteil der Wahlkampagne“, welche zudem „sehr aggressiv und angsteinflößend“ geführt werde. Insbesondere stoße man sich an den Wahlplakaten, auf denen dem Gegenkandidaten, dem früheren NATO-General Petr Pavel, unterstellt werde, die Tschechische Republik in den Krieg führen zu wollen. Die Karmeliter könnten sich mit diesem Stil „dezidiert nicht identifizieren“ und verwahrten sich dagegen, „den weltbekannten Wallfahrtsort und das bedeutende religiöse Symbol des Prager Jesuleins für solche Zwecke zu missbrauchen“.

Ein zweiter Programmpunkt von Andrej Babiš am selben Tag war der Besuch der böhmischen Krönungsinsignien, die noch bis zum 21. Januar auf der Prager Burg zur Schau gestellt sind. Babiš ließ sich in der viele hundert Meter langen Warteschlange abbilden. Er habe „schauen wollen, wie lang das dauert“. Eigentlich habe er für den Fall seiner Wahl vorgeschlagen, die Kleinodien an Feiertagen auszustellen, angesichts des Andrangs würde dies jedoch „irgendeiner dauerhaften Ausstellung bedürfen“.

Wenzelskrone, Reichsapfel und Szepter werden in der Kronkammer des Doms aufbewahrt und nur zu besonderen Anlässen gezeigt, aktuell zum 30. Jahrestag der Gründung der Tschechischen Republik. Zur Entnahme aus der Kronkammer müssen in der Wenzelskapelle sieben Würdenträger zusammentreten, um mit ihren Schlüsseln das enge Tor zu öffnen. Am 16. Januar waren dies von kirchlicher Seite der Prager Erzbischof und böhmische Primas Jan Graubner sowie Domdechant Weihbischof Václav Malý, von staatlicher Seite der Präsident der Republik Miloš Zeman, Premierminister Petr Fiala, die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern Miloš Vystrčil und Markéta Pekarová Adamová sowie der Primator (Bürgermeister) der Stadt Prag, Zdeněk Hřib. Anders als bei früheren Ausstellungen, die im Wladislawschen Saal der Burg stattfanden, sind die Kroninsignien diesmal im Veitsdom zu sehen.

In einem Brief an die „Brüder und Schwestern“ hatte Graubner, der auch Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz ist, zur Teilnahme an der Präsidentenwahl aufgerufen. Man möge „nach eigener Überlegung und aus eigenem Gewissen seine Wahl treffen, im Bewusstsein, dass wir keinen Engel oder Erlöser wählen, sondern einen von uns, der seine starken, aber auch schwachen Seiten hat, einen, mit dem wir uns nie restlos identifizieren können, weil dies nur in der Beziehung zu Gott möglich ist“. Dennoch gehe es „nicht nur um die Wahl des kleineren Übels“. Vielmehr solle man die Stimme jenem widmen, der „bei aller menschlichen Unvollkommenheit fähig und bereit ist, die Gesellschaft aufzubauen als Milieu des Gemeinwohls, wo jeder von uns sein Zuhause finden kann“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)