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Slowakei: Für Bischöfe bleibt Kerzendemo von 1988 "inspirierend"

05. April 2023

35 Jahre nach der Kerzendemonstration – der bedeutendsten Protestkundgebung vor 1989 gegen die kommunistische Herrschaft auf dem Gebiet der damaligen Tschechoslowakei – haben Spitzen aus Politik, Gesellschaft und Kirche in der Slowakei an den auch als „Pressburger Karfreitag“ bezeichneten Protest erinnert. Die instabile politische Lage nach dem Zerbrechen der Regierungskoalition und vor den für 30. September anberaumten Neuwahlen, jedoch auch der Krieg in der benachbarten Ukraine machten die Grundhaltungen von damals auch heute aktuell, so der Tenor der Wortmeldungen.

Die Slowakische Bischofskonferenz dankte in einer Erklärung allen, die „durch die Demonstration oder auf andere Weise gegen das totalitäre Regime aufgetreten sind und damit zur schrittweisen Schwächung und seinem Sturz im November 1989 beigetragen haben“. Sie hätten auf inspirierende Weise „gezeigt, dass Veränderungen in jeder Gesellschaft durch mutige Tapferkeit und gleichzeitig auf friedliche Weise herbeigeführt werden können“.

Der Kampf um die Menschenrechte und deren rechtes Verständnis sei nicht zu Ende, so die Bischöfe weiter. Sie verwiesen dabei auf die „anwachsende Polarisierung“ und die „Unwilligkeit einander zuzuhören bis hin zum verdeckten oder offenen Hass auf die Gläubigen“. Dies seien „Warnsignale“, denn wer ein Herz voller Hass habe, vernichte und vergifte „nicht nur die Gesellschaft, sondern auch sich selbst“.

Bei der von katholischen Dissidenten organisierten Kerzendemonstration vom 25. März 1988 hatten in Bratislava mehrere tausend Menschen auf dem Hviezdoslav-Platz und umliegenden Straßen für Religionsfreiheit und Menschenrechte protestiert. Wie die Bischöfe in ihrem Schreiben zum 35. Jahrestag hervorhoben, seien die damals mitgetragenen Kerzen Symbol für Jesus Christus gewesen, der sich selbst als das „Licht der Welt“ bezeichnet habe. Dieses Licht habe „auch von den stärksten Wasserwerfern der Welt nicht ausgelöscht werden können“, so die Kirchenvertreter in Anspielung auf die damalige Niederschlagung des Protests.

Auch die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová sprach in ihrer Rede bei einem Kolloquium im Präsidentenpalais von Bratislava die aktuellen Gefährdungen an. Die so schwer erkämpfte und mit Opfern erkaufte Freiheit sei „erneut ein bedrohter Wert“. Nach mehr als dreißig Jahren in der freien Welt unterstützten manche Menschen erneut „Regime und Politiker mit autoritären Neigungen“. Häufig erlägen sie der „Versuchung, die Rechte anderer einzuschränken aus Angst, in ihren eigenen Rechten und Interessen beschnitten zu werden“.

Die Teilnehmer der Kerzendemonstration hätten aber „anderes im Sinn gehabt und so wie die Akteure vom November 1989 an die verantwortliche Freiheit für alle geglaubt“, so Čaputová weiter. Es seien „gerade christliche Glaubenszeugen gewesen, die als erste aufgetreten“ seien und die „alle Inseln der Veränderung in der Gesellschaft verbunden“ hätten – „Gläubige, Ungläubige, Bewahrer, Konservative, Liberale und andere“. Auch heute blicke sie auf die Christen „mit großem Vertrauen als einem Licht der Hoffnung, das abermals gefragt sein“ werde.

Ministerpräsident Eduard Heger präzisierte in einer Erklärung, man müsse die „damals vertretenen Werte auch heute hochhalten und bewahren, besonders in einer Situation, da der östliche Nachbar mit der aggressiven militärischen Invasion Russlands konfrontiert“ sei. Während die Slowaken für ihre Freiheit nicht mit einer Waffe in der Hand hätten kämpfen müssen, hätten dies die Ukrainer nun sehr wohl zu tun – für das „Recht, ihr Schicksal frei zu bestimmen".

So wie Staatspräsidentin Čaputová und Parlamentspräsident Boris Kollár entzündete auch Regierungschef Heger eine Kerze am Ort des Geschehens zwischen dem alten Nationaltheater und der Redoute in Bratislava. Die katholische Kirche war beim Kolloquium im Präsidentenpalais durch den griechisch-katholischen Eparchen Peter Rusnák und bei der Kundgebung am Gedenkstein der Kerzendemonstration durch Militärbischof František Rábek vertreten.

Als prominentester Zeitzeuge trat bei beiden Gedenkfeiern der Initiator des „Pressburger Karfreitags“, der spätere Parlamentspräsident František Mikloško, in Erscheinung. Der „Faden der Versöhnung“, der 1988 Menschen unterschiedlicher Weltanschauung zusammengeführt habe, müsse weitergesponnen werden, denn er kenne „keine wichtigere Sache als die Suche nach dem Weg zu sich selbst“, so der einstige Dissident. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)