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Slowakei: Erzbischof bedauert Äußerungen zu Anschlag auf Gay-Bar

17. November 2022

In der Slowakei steht Erzbischof Ján Orosch von Trnava nach Aussagen im Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf eine Gay-Bar in Bratislava unter Druck. In einem internen Rundschreiben an die Priester seiner Diözese hatte der Erzbischof nach der Tat die Opferrolle der bei dem Anschlag erschossenen beiden 30-Jährigen in Frage gestellt und dafür von Staatspräsidentin Zuzana Čaputová und Regierungschef Ministerpräsident Eduard Heger scharfe Kritik geerntet. In einer öffentlichen Erklärung bedauerte Orosch nun, dass er „unabsichtlich in den betroffenen Familien und einem Teil der Gesellschaft Leid ausgelöst“ habe.

Bei dem Anschlag in Bratislava am 12. Oktober hatte ein 19-Jähriger vor der Gay-Bar „Tepláreň“ zwei Menschen - einen Mann und eine Transgender-Person - erschossen und eine Frau schwer verletzt. Danach versandte der in der US-Neonazi-Szene verankerte Täter Hassbotschaften gegen Juden und sexuelle Minderheiten im Internet, bevor er Suizid beging. Polizeiermittlern zufolge soll Premier Heger das ursprüngliche Ziel des Attentäters gewesen sein. Die Tat wurde als Terrorakt eingestuft.

Erzbischof Orosch deutete in seinem Rundbrief kurz nach der Tat an, die Opfer seien nicht unschuldig gewesen. „Sind die Menschen, angefangen mit dem Besitzer des Klubs 'Tepláreň', über die Besucher, von deren Alter wir nichts erfahren haben, auch nichts von ihrer möglichen Drogenabhängigkeit und über ihr - seitens der Gläubigen zurecht konstatiertes - unmoralisches Handeln bis hin zu den bedauernswerten Opfern - tatsächlich alle Opfer?“, fragte er wörtlich. Mutmaßungen stellte der Erzbischof auch darüber an, „wie oft in der Tepláreň eine Drogenrazzia stattgefunden“ habe und „wie oft eine Kontrolle von Personen, die jünger als 18 Jahre waren“ erfolgt sei. Er, so Orosch, könne sich nämlich vorstellen, „dass dort kein einziges Mal eine Kontrolle stattgefunden hat, und zwar aus Angst, deswegen einer homophoben Handlung bezichtigt zu werden“.

Die Polizei verwahrte sich umgehend gegen den Rundbrief, der den Terrorangriff „grob manipuliere, zwei unschuldige Opfer stigmatisiere und den christlichen Glauben leugne, den der Erzbischof offiziell repräsentiert“, wie es in einer Stellungnahme hieß. Zudem kleide Orosch seine Bedenken in Fragesätze, was „eine gängige kreative Technik von Manipulatoren“ sei, „die ihre tatsächlichen Bedenken hinter Fragesätzen verbergen“. Anstatt „zu verbinden und zu beruhigen“ teile eine „Autorität, wie sie der Erzbischof für die Gläubigen darstellen sollte, die Gesellschaft aufgrund manipulierter Fragen, die auf einer Täuschung beruhen“. Leiter des polizeilichen Untersuchungsausschusses ist der frühere christdemokratische Innenminister Daniel Lipšic.

Nach Staatspräsidentin Čaputová kritisierte insbesondere Ministerpräsident Heger die Aussagen des Erzbischofs von Trnava. „Verdächtigungen einzubringen“ sei „sehr unglücklich“. Orosch äußere sich zwar in einem internen Dokument, doch ändere dies nichts daran, „dass eine solche Verdächtigung bei den heutigen aufgepeitschten Emotionen kontraproduktiv sind“.

Orosch reagierte schließlich mit einer öffentlichen Stellungnahme, in er den Eltern der Opfer seine Verbundenheit und seinen Schmerz über das von ihm ausgelöste Leid bekundete. In dem internen Rundbrief habe er „Fragen der inneren Schuldlosigkeit“ angesprochen, es sei darum gegangen „dass wir alle Sünder sind“, versuchte der Erzbischof zu erklären.

Der Vorssitzende der Slowakischen Bischofskonferenz, Erzbischof Bernard Bober, dankte seinem Amtskollegen Orosch für dessen „Bedauern über die Situation, die in der Gesellschaft Unruhe hervorgerufen hat“. Er entschuldige sich „für das entstandene Missverständnis“, fügte Bober hinzu. Es sei „jetzt nicht die Zeit, Polemiken aufzustacheln oder sich mit unbegründeten Verdächtigungen zu beschäftigen“, so der Erzbischof von Košice.

Demgegenüber hat Roman Samotny, der als Besitzer der Gay-Bar seit Bekanntwerden der Bluttat in den Medien präsent war, angekündigt, gegen Erzbischof Orosch rechtliche Schritte zu unternehmen. Es handle sich um „eine ernste Bezichtigung, für die er sich nicht entschuldigt und die er nicht zurückgenommen hat“, sagte Samotny. Der Rundbrief Oroschs, der von einem der Adressaten der Tageszeitung Dennik N zugespielt wurde, sei „kein Geheimdokument“ und seine „Absicht offensichtlich“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)