Russland: Comicfestival wegen „Satanismus“ abgebrochen
In St. Petersburg haben die Behörden der bereits laufenden Veranstaltung „Nekrocomiccon“ am 1. November die Bewilligung entzogen. Daraufhin musste das Festival für Horror, Fantasy und Comics, das zwei Tage hätte dauern sollen, abgebrochen werden. Grund waren Beschwerden russischer orthodoxer Aktivisten, die die Veranstaltung als „satanistisch“ bezeichneten und den Organisatoren vorwarfen, Minderjährige für eine „verbotene internationale Bewegung“ zu gewinnen versuchten. Der Name des Festivals bezieht sich auf eine Sammlung von Erzählungen des berühmten amerikanischen Horror-, Science Fiction- und Fantasy-Schriftstellers H.P. Lovecraft.
Das Oberste Gericht in Russland stufte im Juli 2025 die „internationale Satanismus-Bewegung“ als „extremistisch“ ein und verbot ihre Aktivitäten. Wer oder was genau diese Bewegung bildet, ist unklar. Namentlich die bekannte orthodoxe fundamentalistische Gruppe Sorok sorokov (40 Mal 40) rief auf Telegram dazu auf, sich bei den Behörden zu beschweren. In einem Post vom 29. Oktober bezeichnete sie die Nekrocomiccon als „satanistisches Festival“ und publizierte Fotos der Ausgabe vom Jahr zuvor, um auf die Verwendung von Symbolen wie dem Pentagramm, „blasphemische Tänze mit dem Kreuz“ und „Kostüme mit LGBT-Propaganda“ aufmerksam zu machen. Natürlich werde das als „harmloses Festival für thematische Kostüme“ ohne Veranstaltungen für Kinder dargestellt, erklärte die Gruppe. Trotzdem rief sie dazu auf, nicht zuzulassen, dass die Organisatoren des Festivals „minderjährige Bewohner St. Petersburgs in den Satanismus hineinziehen“. Dazu stellten sie einen Mustertext für eine Beschwerde bereit und teilten die Adressen der zuständigen Behörden.
Gegen den Organisator des Festivals, Alexej Samsonov, wurde Strafanzeige erstattet. Samsonov, der kasachischer Bürger ist, aber seit 20 Jahren in St. Petersburg lebt, habe der Polizei einen Ausländerausweis mit Ablaufdatum 1. Mai 2026 vorgelegt, dessen Stempel aber nicht den offiziellen Mustern entspreche. Deshalb wurde er für 90 Tage in eine Haftanstalt für ausländische Bürger überführt und soll nach Ablauf der Frist nach Kasachstan deportiert werden. Auf dem Weg zum Festival wurde zudem Artjom Repin verhaftet, weil er einen Kelch mit einem Pentagramm und einer Darstellung Baphomets sowie ein Buch mit dem Titel „satanistische Rituale“ dabeihatte. Dies sei eine Zurschaustellung extremistischer Symbole, die zur „internationalen Satanismus-Bewegung“ gehörten. Dafür wurde er für zwölf Tage unter Arrest gestellt. Auch zwei Freundinnen Repins wurden verhaftet.
Russische Behörden gehen immer wieder gegen Kulturveranstaltungen vor. So wurde im Februar 2024 eine Veranstaltung für die Fans der Spielzeuglinie und Medienfranchise My Little Pony abgebrochen. Die Polizei hatte das Vorgehen ebenfalls mit Beschwerden begründet, die der Versammlung die Verbreitung von „LGBT-Propaganda“ vorwarfen. Gemäß dem im Dezember 2022 verschärften „LGBT-Propaganda-Gesetz“ ist es verboten, etwas zu publizieren, zu verkaufen oder zu fördern, das zu „nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen“ ermutigt. Im Oktober 2025 verboten die russischen Behörden zudem MyAnimeList, eine Anime- und Manga-Plattform. (NÖK)