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Russland: Interkonziliare Präsenz schlägt Richtlinien für Disziplinarstrafen für Geistliche vor

03. Juni 2021

Die Interkonziliare Präsenz der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) hat an ihrer Vollversammlung mehrere Dokumente verabschiedet, die Richtlinien zu kanonischen Verboten und Disziplinarstrafen, orthodoxen Militärdienstleistenden, weltlichen Beschäftigungsmöglichkeiten für Geistliche sowie dem Schutz des menschlichen Lebens enthalten. Die Dokumente gelten als Entwürfe und werden an der nächsten Sitzung der Bischofsversammlung der ROK besprochen und, falls sie angenommen werden, publiziert.

Im Dokument „Über die weltliche Tätigkeit Geistlicher“ wird der Vorrang des geistlichen Dienstes vor weiteren möglichen Beschäftigungen festgehalten. Letztere dürfen zudem nicht den ethischen Normen des Christentums widersprechen oder der Kirche schaden. Neben Berufen, die mit dem Rang eines Geistlichen nicht vereinbar seien, gebe es solche, die seit der Antike von den Kanones verboten seien, erklärte Georgij Maksimov, Mitglied des Redaktionsrats der Interkonzilaren Präsenz, gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax. So könne ein Geistlicher kein Herrscher oder weltlicher Regierungsführer sein oder militärischen Dienst leisten. Außerdem seien professionelle Tätigkeiten im Sport für Geistliche ungeeignet. Das Gremium schlägt im Dokument zudem vor, sämtliche Aktivitäten auf der Bühne zu verbieten, beispielsweise die Teilnahme an Gesangsshows. Geistliche sollten auch nicht nebenher als Kellner, Barkeeper oder in Spielhallen arbeiten. Als Arzt dürften Geistliche arbeiten, aber keine Abtreibungen durchführen oder Sterbehilfe leisten. Erlaubt sei hingegen eine Nebenbeschäftigung als Lehrer, Berater, Übersetzer oder Künstler oder der Verkauf selbst hergestellter, unter anderem landwirtschaftlicher Produkte.

Das Dokument „Ordnung über kanonische Sanktionen und Disziplinarstrafen für Geistliche“ definiert „kirchliche Verstöße“ und ihre verschiedenen Formen sowie die Strafen dafür, entsprechend der Schwere der Vergehen. Detailliert werden kirchliche Verstöße dargestellt, unterteilt in die drei Kategorien „Vergehen gegen den Glauben und die kirchliche Einheit“, „Vergehen gegen die kirchliche Ordnung und Verwaltung“ und Vergehen im Bereich des geistlichen und seelsorgerischen Dienstes. Das Dokument soll auch für Presbyter und Diakone gelten. Es solle auf keinen Fall die Kanones ablösen, sondern zur Einheitlichkeit in diesem Bereich beitragen.

Ein dritter Entwurf betrifft die „Segnung orthodoxer Christen bei der Erfüllung militärischer Pflichten“. Dabei erlaubt die ROK ihren Gläubigen die Teilnahme an Kampfhandlungen, wenn es um den Schutz des Vaterlands und der Nächsten oder die Wiederherstellung von Gerechtigkeit geht. Das Gebet für Soldaten sei eine beständige kirchliche Praxis, es sei zudem wünschenswert, Gottesdienste mit Bezug zu verschiedenen Ereignissen des Militärdienstes in die liturgische Praxis der ROK aufzunehmen. Dazu solle die synodale Kommission für Theologie entsprechende Gebetssequenzen ausarbeiten. In den Diskussionen war vorgeschlagen worden, künftig nicht mehr Waffen zu segnen, sondern nur noch die Militärangehörigen.

Im letzten Dokument geht es um die „Unantastbarkeit des menschlichen Lebens vom Moment der Zeugung“, wobei Abtreibungen zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft verurteilt werden und wissenschaftliche Experimente mit Embryos und deren Zerstörung als unzulässig gelten. In erster Linie trügen die Eltern die Verantwortung für ungeborene Kinder, aber auch die moralische Verantwortung der Angehörigen und Verwandten der Frau wird betont. Pränatale Diagnostik ist nur erlaubt, um schwere Krankheiten frühzeitig erkennen und behandeln zu können, dürfe aber nicht zur Abtreibung führen.

Die Interkonziliare Präsenz ist ein beratendes Organ der ROK, das deren Leitung bei der Vorbereitung von wichtigen Entscheidungen zum Innenleben sowie der äußeren Tätigkeit der Kirche assistiert. Dabei beschäftigt sie sich mit einem breiten Themenspektrum, darunter Fragen der Theologie, des Kirchenrechts, Seelsorge, Mission, geistlichen Bildung und der Beziehung der ROK zu Gesellschaft, Staat und anderen Religionen. Die Zusammensetzung des Gremiums wird vom Hl. Synod auf vier Jahre bestätigt. Aktuell besteht die Interkonziliare Konferenz aus 211 Personen, darunter Bischöfe, Priester, Diakone, Nonnen und Laien. (NÖK)