Belarus: Kardinal Gugerotti erörtert möglichen Papstbesuch in Belarus
Kardinal Claudio Gugerotti, der Präfekt des Dikasteriums für die Ostkirchen, hat vom 25. bis 27. Oktober Belarus besucht. Anlass war das 100-Jahr-Jubiläum der Diözese Pinsk, einer der vier römisch-katholischen Diözesen in Belarus. An den Feierlichkeiten in Pinsk traf er mit Vertretern des belarusischen Episkopats und zahlreichen Geistlichen der Diözese zusammen, wobei auch viele Besucher aus anderen Regionen anreisten. Am 26. Oktober besuchte Gugerotti Brest, wo er ebenfalls eine Messe feierte. In seiner Predigt sagte er, die Belarusen seien manchmal zu wenig stolz auf sich. Er versicherte, dass sie „wunderbar“ seien und es keine Völker zweiter Klasse gebe.
In Minsk traf der Kardinal, der von 2011 bis 2015 Apostolischer Nuntius in Belarus gewesen war, am 27. Oktober Alexander Lukaschenka. Dieser erklärte, dass alle belarusischen Religionsgemeinschaften erfreut über den Besuch des Kardinals seien, was für die Verdienste Gugerottis als Apostolischer Nuntius spreche. Der Kardinal betonte die Wichtigkeit von Dialog, alles sei möglich, wenn man einen anderen Menschen schätze und liebe. Über weitere Themen des Gesprächs wurde nichts berichtet.
In Minsk traf Kardinal Gugerotti zudem Metropolit Veniamin (Tupeko), das Oberhaupt der Belarusischen Orthodoxen Kirche (BOK), die ein Exarchat des Moskauer Patriarchats ist. Begleitet wurde der Kardinal vom Apostolischen Nuntius in Belarus, Ignazio Ceffalia. Metropolit Veniamin betonte laut der offiziellen Website der BOK, dass Gugerotti in Belarus für seine Bemühungen um ein positives Image von Belarus im Ausland geschätzt werde. Im Gespräch ging es um aktuelle Themen, wie die religiöse Situation in der Welt sowie die Lage der Christen im Nahen Osten und in der Ukraine. Zudem wurde die „positive Rolle der Zusammenarbeit“ der BOK und der römisch-katholischen Kirche in Belarus betont. Beide Kirchen seien sich einig, dass es sehr wichtig sei, unter den Bedingungen einer schwierigen globalen Situation das gute und vertrauensvolle Verhältnis zu bewahren.
Kardinal Gugerotti und Metropolit Veniamin kamen im Lauf des Gesprächs, das in einer „vertrauensvollen und respektvollen Atmosphäre“ stattfand, auch auf einen möglichen Besuch des Papstes in Belarus zu sprechen. Veniamin betonte, dass ein Papstbesuch in jedem Land ein „besonderes Ereignis“ sei, und das Verhältnis zwischen der BOK und der römisch-katholischen Kirche ungeachtet schwieriger historischer Beziehungen sich positiv entwickle. Beide Seiten waren sich einig, berücksichtigen zu müssen, dass die Mehrheit der Gläubigen in Belarus orthodox ist und dem Moskauer Patriarchat angehört. Deshalb müsse das Thema eines möglichen Papstbesuchs auch mit dem russischen Patriarchen Kirill und unter Berücksichtigung der Meinung des Hl. Synods der BOK besprochen werden. Die Gesprächsteilnehmer erklärten weiter, dass es für die belarusische Bevölkerung angesichts der sich verschärfenden „internationalen Situation“, insbesondere „entlang ihrer westlichen und südlichen Grenzen“, wichtig sei, gute nachbarschaftliche Beziehungen mit anderen Ländern zu stärken, den interkonfessionellen Frieden im Land und das gegenseitige Verständnis und Respekt unter den Menschen zu bewahren.
Die zivilgesellschaftliche Gruppe Christliche Vision aus Belarus interpretiert den Besuch von Kardinal Gugerotti und seine Treffen mit Metropolit Veniamin und Alexander Lukaschenko als Zeichen für die Orientierung des Vatikans auf Dialog und Entwicklung der Beziehungen mit der BOK sowie dem belarusischen Staat. Nach dem Treffen mit Lukaschenko kommentierte Gugerotti gegenüber Medien, „Isolation ist für uns inakzeptabel – die Isolation von Völkern, Ländern“. Das sei eine Politik, die nur schade, es sei eine „selbstmörderische Politik“. Alle Völker guten Willens sollten für die Beendigung des Kriegs zusammenarbeiten. Für den Vatikan sei es grundlegend, jedem Volk und Land Rechte zu geben. Jedes Volk „ist wichtig“, „Völker müssen unterstützt werden, damit sie sich entwickeln“, führte Gugerotti weiter aus. Es gebe „nie ewige Feinde“, es gelte sich zu bemühen, die Zeit von Feindschaft und Konflikten zu verkürzen und zu beenden. Zum Thema Sanktionen sagte der Kardinal, dass sie weder Dialog noch Entwicklung begünstigten und oft vor allem die einfachen Menschen träfen. Mit seinem Besuch und seinen Aussagen habe Kardinal Gugerotti der Regierung ein positives Signal übermittelt und der Gesellschaft ein Zeichen des Verständnisses und der Unterstützung, so die Einordnung von Christliche Vision. (NÖK)