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Armenien: Geistliche unterstützen Paschinjan im Konflikt mit der Kirchenleitung

04. Dezember 2025

Zehn Geistliche haben die Haltung der Kirchenleitung der Armenischen Apostolischen Kirche im Konflikt mit der Regierung kritisiert. Ihr Statement erschien am 29. November bei ArmTimes, einem Online-Medium, das von Anna Hakobjan, der Frau des armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan, betrieben wird. Am 27. November hatten sich acht der Unterzeichner mit Paschinjan getroffen. Das Statement und das Treffen fanden vor dem Hintergrund andauernder starker Spannungen zwischen der Kirche und der Regierung statt.

Die Geistlichen bedauerten die „ungesunde Atmosphäre in und um unsere Kirche in den letzten Monaten“. Sie machten ein „Missmanagement“ der Kirche für die verstärkten Krisen in der Kirche und zwischen der Kirche und der Regierung verantwortlich. Zudem deuteten sie an, dass die Wahl des aktuellen Kirchenoberhaupts, Katholikos Karekin II., 1999 nicht fair abgelaufen sei. Weiter kritisierten sie das politische Engagement von Kirchenvertretern in politischen Prozessen mit Einverständnis des Katholikos. Die Kirche habe zudem dabei versagt, die schweren Anschuldigungen gegenüber Karekin anzusprechen und zu entkräftigen, was Zweifel sähe. Der aktuelle Kurs der Kirchenleitung sei „antikanonisch, gefährlich, schädlich und destruktiv“ und könne nicht fortgesetzt werden.

Mehrere Geistliche, die am Treffen mit Paschinjan teilnahmen, werden mit Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht, während anderen die Verletzung des Zölibats vorgeworfen wird. So soll das angebliche Kind eines der Geistlichen in Paschinjans Regierung hohe Ämter bekleidet haben.

Die Auseinandersetzung zwischen Ministerpräsident Paschinjan und der Kirche dauert schon seit einigen Monaten an. Karekin fordert seinerseits seit Jahren einen Rücktritt Paschinjans, weil er im Konflikt um Berg-Karabach versagt habe. Inzwischen ist eine ganze Reihe Geistlicher verhaftet worden. So wurden am 15. Oktober Bischof Mkrtich Proschjan, das Oberhaupt der Diözese Aragatsotn, und zwölf weitere Geistliche verhaftet. Am 3. Oktober verurteilte ein Gericht Erzbischof Mikael Ajapahjan, das Oberhaupt der Diözese Schirak, zu zwei Jahren Haft, weil er öffentlich zur Machtübernahme und zum Sturz der Regierung aufgerufen haben soll. Im Sommer 2024 hatte zudem Erzbischof Bagrat Galstanjan die Bewegung „Heiliger Kampf“ gegen die Regierung angeführt, die zur größten Protestbewegung in Armenien seit der Samtenen Revolution anwuchs, dann aber wieder versandete. Galstanjan wurde im Juni 2025, kurz vor Erzbischof Ajapahjan, verhaftet.

In einem Interview mit dem amerikanischen Talkmaster Tucker Carlson hat Narek Karapetjan, der Neffe des verhafteten armenisch-russischen Milliardärs Samvel Karapetjan, der Regierung antichristliches Verhalten vorgeworfen. Samvel Karapetjan hatte die Kirche in den Medien in Schutz genommen und war kurz darauf verhaftet worden, zudem soll sein Energiekonzern – der größte des Landes – verstaatlicht werden. (NÖK)