Tschechien: Ruf nach mehr Mitverantwortung aller Getauften

10. August 2022

Rund 15‘000 Gläubige haben sich in Tschechien an der ersten, ortskirchlichen Phase der Weltsynode der katholischen Kirche beteiligt. Die aus den Beratungen in den Diözesen des Landes erstellte Zusammenfassung (Synthese) behandelt unter anderem die Frage der Teilhabe und Mitverantwortung aller Getauften in der Ortskirche und die Rolle von Frauen in der Kirche. Klerikalismus wird kritisiert, während die grundsätzliche Bedeutung lebendiger Pfarren für ein gutes Glaubensleben in offener Gemeinschaft betont wird. Die Ergebnisse waren Anfang Juli bei einer Synodenversammlung und anschließend von der Bischofskonferenz in Velehrad beraten worden. Dieser Tage wurde der Text der nationalen Synthese, die nun nach Rom geht, auf dem offiziellen Kirchenportal cirkev.cz veröffentlicht.

Namens der Bischöfe dankte der Prager Erzbischof Jan Graubner in einem Begleitschreiben allen, die sich am synodalen Prozess beteiligt haben. „Wir sind dankbar für ihre Bereitschaft, aus Liebe zu Gott und der Kirche neue Wege zu gehen“, hielt der Primas fest. Der synodale Prozess, der auch in der Ortskirche weitergehen solle, umfasse weit mehr als nur Zuhören und Reden, so Graubner. Es handle sich um „eine spirituelle Reise“, bei auch das Gebet eine wesentliche Rolle habe.

Den Angaben zufolge haben sich mehr als 2500 Gruppen in Pfarren, Diözesen, Ordensgemeinschaften und Einrichtungen wie kirchlich getragenen Schulen an dem synodalen Prozess beteiligt. Wie vom Synodensekretariat in Rom vorgegeben, fasst der Bericht positive und kritische Gedanken aus den Beratungen unter den Schlüsselwörtern Partizipation, Gemeinschaft und Mission zusammen.

Ein wichtiges Thema der Synthese ist die Frage der Teilnahme und Mitverantwortung aller Getauften in der Ortskirche, also in Diözese und Pfarre. Statt Klerikalismus brauche es Zusammenarbeit und Teilhabe, damit sich „die Vielgestaltigkeit der Gaben des Heiligen Geistes des ganzen Gottesvolkes entfalten kann“. Gerade dieser Schritt wird als effektive Reaktion auf die Passivität eines bedeutenden Teils der Kirchenmitglieder aufgefasst.

Die Bedeutung der Laien, insbesondere der Frauen, in der Mitverantwortung innerhalb der Kirche wurde der Synthese zufolge hervorgehoben. Deren Position in „beratenden und entscheidenden Funktionen“ sei „bisher nur in geringem Ausmaß“ real erfüllt. „Im Anschluss an die sich ändernde Rolle der Frau in der Gesellschaft und an die immer wieder anstehende Aufdeckung ihrer spezifischen Charismen“ müsse „die authentische Gestalt des Dienstes der Frau in der Kirche entdeckt werden“, heißt es in dem Text. Auch Forderungen nach der Diskussion über die Möglichkeit einer Diakonats- und Priesterweihe von Frauen seien lautgeworden.

Harte Urteile gab es unter den an den synodalen Beratungen beteiligten Katholiken auch über eine „veraltete und für die Menschen außerhalb der Kirche, aber manchmal auch für die Gläubigen unverständliche Liturgie“. Gebete, Symbole und Gesten müssten besser erklärt werden, die Homilien sollten positiver gestimmt sein und aktuelle, auch spontane Fürbitten vorgebracht werden, hielt die Synthese aus den Forderungen fest. Wünsche umfassten auch mehr Zeugnisse von Laien in Gottesdiensten und die Beteiligung, insbesondere von Frauen, an der Vorbereitung der liturgischen Feiern.

Sämtliche diözesanen Synthesen, aus denen die nationale Zusammenfassung erstellt wurde, hätten sich auch mit der Einbindung am Rand stehender Gruppen befasst. Am häufigsten wurden demnach sexuellen Minderheiten genannt, aber auch – in dieser Reihenfolge – „wiederverheiratete Geschiedene, Familien mit kleinen Kindern, Kinder und Jugendliche, Senioren, Kranke, Singles, neu Zugezogene, Obdachlose, ohne kirchliche Bindung zusammenlebende junge Leute“.

Nach Ansicht der tschechischen Synodenteilnehmer habe die Kirche den Menschen aus dem Glauben heraus für ihr Leben etwas anzubieten. Mangelnde Transparenz, etwa in wirtschaftlichen Fragen oder anderen Entscheidungen, geringe Medienkompetenz bis hin zu einer „Abgehobenheit von der realen Welt“ vermittelten aber zu oft ein falsches Bild. Für Außenstehende verständlich sei die Kirche in allen Aktivitäten zugunsten Benachteiligter, im Schulwesen und in der Sozialarbeit. „Quer durch die Diözesen“ werde die von Papst Franziskus benannte Vision von der Kirche als einem „Feldlazarett“ positiv wahrgenommen.

Der von Papst Franziskus in mehreren Phasen ausgerufene weltweite Synodale Prozess der katholischen Kirche befindet sich in diesen Wochen auf nationaler Ebene im Endspurt. Bis zum 15. August müssen alle Bischofskonferenzen die Ergebnisse der Beratungen aus den Diözesen bündeln und in eine nationale Synthese bringen, die an das vatikanische Synodensekretariat geht. Auf Grundlage dieser Ergebnisse folgen dann ab Herbst Beratungen auf kontinentaler Ebene.

Die letzte Phase bildet die Synodenversammlung der Bischöfe im Oktober 2023 im Vatikan. Der Generaltitel des weltweiten Prozesses ist zugleich Programm: „Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)