Polen: Bischofskonferenz weist Missbrauchsvertuschung durch Papst Johannes Paul II. zurück

09. März 2023

„Eine faire Bewertung von Wojtyłas Handeln erfordert weitere Archivrecherchen“, so die Reaktion der Polnischen Bischofskonferenz nach der Ausstrahlung des siebten Teils von Marcin Gutowskis Dokumentarfilm-Serie „Scheuklappe (poln. Bielmo), Johannes Paul II. musste es wissen, und zwar seit vielen Jahren“ am 4. März bei TVN24. Präsentiert wurden Gespräche mit Missbrauchsopfern, mit deren Fällen Kardinal Karol Wojtyła vor seiner Wahl 1978 zum Papst nachweislich persönlich konfrontiert gewesen war.

Nach journalistischen Nachfragen veröffentlichten Pater Adam Żak SJ, Koordinator der Bischofskonferenz zum Kinder- und Jugendschutz, und Priester Piotr Studnicki, Leiter des Delegiertenbüros der Bischofskonferenz zum Kinder- und Jugendschutz, am 7. März eine weitere Erklärung zum Thema. Zwei der Fälle (die Priester Eugeniusz Surgent und Jozef Loranc) seien dank der journalistischen Arbeit von Tomasz Krzyżak und Piotr Litka (am 26. November 2022 in der Zeitschrift Rzeczpospolita) bereits seit Monaten bekannt – sie hatten kurze Haftstrafen verbüßt. Was den Fall des Priesters Boleslav Sadus betreffe, der ohne Erwähnung seiner Vergehen nach Österreich mit einer Empfehlung von Wojtyła geschickt worden war, erinnert die Erklärung daran, dass die Vorwürfe auf der Grundlage von Akten der Sicherheitsdienste der Volksrepublik Polen beruhten. Bereits in einer Erklärung vom 18. November 2022 hatte die Polnische Bischofskonferenz darauf hingewiesen, dass es in kommunistischen Zeiten üblich war, Geistliche in den Massenmedien fälschlicherweise des Missbrauchs Minderjähriger zu beschuldigen.

Heute sei das gesellschaftliche Bewusstsein für die Folgen sexuellen Missbrauchs größer und die Kirche habe Verfahren entwickelt, um angemessen darauf zu reagieren und zu helfen (mit Verweis auf die Webseite https://zgloskrzywde.pl). Die Anschuldigungen gegenüber den Krakauer Kardinal Karol Wojtyła und den Kardinal Adam Sapieha bedürften jedoch weitere archivarische Untersuchungen.

Gutowski hat für seine Recherchen bisher keinen Zugang zum Archiv der Krakauer Diözese erhalten. Die Journalisten Krzyżak und Litka betonten in ihren Recherchen, dass sich nach Ansicht von Fachleuten des kirchlichen Strafrechts Wojtyłas Vorgehensweise erheblich von den damals üblichen Praktiken der Täterschonung unterschied. Im Falle Loranc wurde der Priester umgehend suspendiert und angewiesen, bis zur Klärung der Angelegenheit in einem Kloster zu leben, wo er verhaftet wurde. Im Archiv des Geheimdienstes hatten die Journalisten auch einen Brief Wojtyłas an Loranc gefunden, in dem der nachmalige Papst schrieb: „Der Verzicht des Kirchengerichts auf die Strafe schließt das Verbrechen nicht aus und löscht die Schuld nicht aus“.

Der gegenwärtige Krakauer Erzbischof Marek Jędraszewski hat den Vorwurf der Missbrauchsvertuschung als eine der „ständigen Attacken und Verfolgungen der Kirche“ vehement zurückgewiesen: „Ihm [Papst Johannes Paul II.], dem Verteidiger des Menschen, dem Verteidiger von Ehe und Familie, wird vorgeworfen, das wahrhaft abscheuliche Übel, das sich in das Leben der Kirche eingeschlichen hat, geduldet zu haben, aber wir wissen genau, dass es sich um ein Übel handelt, das in anderen Kreisen sogar in viel stärkerem Maße zu einer verherrlichten und eigentümlichen Ideologie geworden ist.“ Es werde versucht, seine Autorität zu untergraben, weil er ein Feind der Gender-Ideologie, von Abtreibung und Euthanasie gewesen sei.

Regula Zwahlen

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