Ukraine: Kyjiwer Großerzbischof erklärt Haltung des Papstes im Ukraine-Krieg

23. März 2023

Der Kyjiwer Großerzbischof Svjatoslav Schevtschuk hat in einem aktuellen Interview die vermittelnde Rolle des Vatikans und von Papst Franziskus im Krieg Russlands gegen die Ukraine hervorgehoben. Die Neutralität des Heiligen Stuhls werde derzeit in der Ukraine nicht wirklich akzeptiert, sagte das Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche der kroatischen katholischen Wochenzeitung Glas Koncila (19. März). Unter Vermittlung Roms seien aber Tausende Kriegsgefangene freigelassen worden, erklärte Schevtschuk. „Der Dienst des obersten Vermittlers kommt also uns allen zugute.“

In seinem Heimatland erwarteten alle, dass der Papst Russland als Angreifer verurteilt, sagte der Großerzbischof. „Aber als Katholiken müssen wir unseren orthodoxen Brüdern, anderen Christen und einfachen Bürgern der Ukraine ständig erklären: Lassen Sie den Heiligen Vater seine Pflicht als oberster Schiedsrichter erfüllen, denn auch wir können von seiner Position als Vermittler profitieren.“

Schevtschuk betonte zudem den Unterschied zwischen dem diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls und dem Papst als oberstem Hirten der Kirche. In diesem Amt sei der Heilige Vater „sehr einfühlsam mit der Ukraine“, betonte der Großerzbischof. Franziskus spreche mit viel Empathie vom Kriegsleid der Flüchtlinge, Kinder, Frauen und älteren Menschen, und sei auf diese Weise „mit uns und uns nahe“, so Schevtschuk: „Mehr noch: Er spricht in unserem Namen zur ganzen Welt.“

Der Papst spreche die Folgen des Krieges für ganz Europa bei jeder seiner wöchentlichen Generalaudienzen an, bitte um Gebete und darum, die Menschen in der Ukraine nicht zu vergessen, fügte der Kyjiwer Großerzbischof hinzu. „Der Heilige Vater hat im Namen der leidenden Ukraine gehandelt.“

In einer Ukraine, die selbst ihre Kreuzigung erfahre, bereiten sich Christen in diesen Tagen auf das Osterfest und die auch damit verbundene Erinnerung an die Kreuzigung Jesu vor, beschrieb Schevtschuk aus religiöser Sicht die Situation im Land. „Wir haben das Bild Jesu, der Mensch geworden ist“, erinnerte der Großerzbischof. Christus sei daher unter all jenen, die ihre Heimat verlassen müssen oder mit ihren Familien obdachlos werden – und auch unter den Toten in den Massengräbern. „Christus wird heute im Leib der gekreuzigten Ukraine ans Kreuz geschlagen.“

Inmitten des Krieges gebe aber der Glaube an die Auferstehung Hoffnung, betonte Schevtschuk. Der Glaube, dass das Leben die Zerstörung überwinden werde, verbinde Katholiken, Orthodoxe und Protestanten in der ukrainischen Gesellschaft und beflügle ihren Widerstand. „Wir werden die Ukraine wiederaufbauen, wir werden unsere Städte wiederaufbauen, wir werden unsere Wunden heilen. Und warum? Weil Christus auferstanden ist!“

Den Kroaten sowie Katholiken in aller Welt dankte der Großerzbischof für die Solidarität, außergewöhnliche Unterstützung und humanitäre Hilfe. Die Menschen in der Ukraine hätten große Angst, dass die Welt sie vergisst. Er bitte daher darum, in der Unterstützung nicht müde zu werden, so Schevtschuk. „Das Geheimnis unseres Sieges – nicht nur angesichts der russischen Aggression, sondern auch beim Sieg des Guten über das Böse, dem Sieg des Lebens über den Tod – ist das Geheimnis der Ausdauer. Wir müssen ausharren, um den Opfern dieses Krieges unsere Liebe und Hilfe anzubieten.“

Ausdrücklich ging Schevtschuk auch auf die Situation ukrainischer Flüchtlinge ein. Diese bräuchten gerade auch in Pfarren und Gemeinden „Orte des Zuhörens, weil sie den Schmerz in ihren Herzen zum Ausdruck bringen müssen“, so der Großerzbischof. „Sie brauchen jemanden, der ihnen zuhört, mit dem sie ihre Geschichten, ihre persönlichen christlichen Erfahrungen teilen.“

Gleichzeitig rief Schevtschuk dazu auf, aus der Ukraine Geflüchtete nicht nur als Hilfesuchende zu betrachten, die andauernde Unterstützung brauchen. „Die Ukrainer können einen Beitrag leisten – und nicht nur zur Entwicklung Ihrer Wirtschaft. Es gehört zu unserer Würde, dass wir uns selbst helfen können und nicht auf Ihre Hilfe angewiesen sind. Flüchtlinge brauchen Ratschläge, wie sie sich in Ihre Gesellschaft integrieren, wie sie einen Job finden und wie sie zum Gemeinwohl des Landes, in dem sie leben, beitragen können. Aber sie können auch ihren christlichen Glauben und ihr christliches Erbe mit Ihnen teilen“, sagte der Großerzbischof. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)