Ukraine: UGKK gedenkt ihrer erzwungenen Auflösung vor 75 Jahren

11. März 2021

75 Jahre nach der sogenannten „Pseudosynode“ von Lviv hat Großerzbischof Svjatoslav (Schevtschuk), das Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche (UGKK), bedauert, dass seine Kirche noch immer nicht offiziell rehabilitiert worden sei. Auch 75 Jahre nach der von den Sowjets erzwungenen Selbstauflösung, der Verfolgung und der Verdrängung der Kirche in den Untergrund habe in der unabhängigen Ukraine kein solcher Prozess stattgefunden, kritisierte Großerzbischof Svjatoslav in einem Fernseh-Interview anlässlich des Jubiläums.

Eine offizielle Restitution des kirchlichen Eigentums habe es bisher ebenfalls nicht gegeben, erklärte Svjatoslav weiter, obwohl die UGKK beständig dieses Thema anspreche und sogar entsprechende Modelle erarbeitet habe. Genaue Zahlen zu den zurückerhaltenen Kirchengebäuden konnte er nicht nennen, da der sowjetische Staat während verschiedener Phasen Kirchen schloss, und auch Gemeinden, die zur Orthodoxie übergetreten waren, nicht verschont blieben. Noch heute würden viele griechisch-katholische Kirchen von orthodoxen Gemeinden genutzt. Allerdings bemühe sich die UGKK, Konfrontationen in dieser Frage mit der Orthodoxie zu vermeiden. Die Gläubigen, die sich während der Zeit, als die UGKK nur im Untergrund existieren konnte, der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) angeschlossen haben, „müssen als unsere Brüder geschätzt und geliebt werden“.

An der Pseudosynode von Lviv vom 8. bis 10. März 1946 löste sich die UGKK unter dem Druck der sowjetischen Behörden auf und wurde für illegal erklärt. Zu dem Zeitpunkt waren bereits alle Bischöfe der Kirche in Haft. Die Initiative zur Liquidierung sei nicht aus dem Inneren der Kirche gekommen, sondern entsprach einem Plan der sowjetischen Sicherheitskräfte, erklärte der Kirchenhistoriker Oleh Turiy im Gespräch mit dem Großerzbischof. Stalin selbst habe die Pläne abgesegnet, deren erster Schritt die Auflösung der UGKK durch eine Vereinigung mit der ROK gewesen war.

Die Ereignisse von 1946 bezeichnete Svjatoslav als „Erniedrigung für die ROK“, die „ein solches ‚Geschenk‘ Stalins nicht gebraucht hatte“. Die Wahrheit darüber sei schmerzhaft, aber sie ermögliche eine Heilung. Auch in der UGKK hätten sich nicht alle Geistlichen heldenhaft verhalten, gab das Kirchenoberhaupt zu bedenken.

Anlässlich des Jubiläums fand auch eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema statt. An dieser betonte Großerzbischof Svjatoslav, wie wichtig die Erforschung von Archivmaterialien sei. Erst seit einigen Jahren sind laut Schevtschuk den Forschenden auch Dokumente mit dem Vermerk „streng geheim“ zugänglich. Dank der Forschungsbemühungen sei „die Wahrheit sichtbar geworden“, sie „ist für alle schmerzhaft und mehrdeutig, die mit diesem Ereignis in Berührung gekommen sind“, aber es „ist diese Wahrheit, die befreit“. In der Sowjetunion hingegen „gab es anstatt der Geschichte Propaganda und Unwahrheit“. An der Konferenz nahmen rund 30 führende Fachleute aus der Ukraine, Polen, der Slowakei und den USA teil. Ebenfalls beteiligt waren staatliche und kirchliche Vertreter, darunter auch Erzbischof Evstratij (Zorja) von der Orthodoxen Kirche der Ukraine. Anlässlich des Jubiläums gibt es auch eine Ausstellung im Nationalen Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg mit dem Titel „Es gibt nichts Geheimes, das nicht sichtbar würde“. Zudem wurde auf dem Kontraktova-Platz in Kiew eine Standausstellung mit dem Titel „Zum Licht der Auferstehung durch die Dornen der Katakomben“ eröffnet. (NÖK)

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