Frankreich: Metropolit Jean: Keine Rechtfertigung für Kirchen, nicht Friedensstifter zu sein

10. März 2022

Metropolit Jean (Rennetau) von Dubna, Erzbischof der orthodoxen Kirchen russischer Tradition in Westeuropa, hat sich in einem offenen Brief an Patriarch Kirill gewandt und ihn gebeten, seine Stimme zu erheben und „bei den Machthabern der Russischen Föderation dafür einzutreten, dass dieser mörderische Konflikt baldmöglichst ein Ende findet.“ Die russische Militärintervention in der Ukraine habe auch das Erzbistum der orthodoxen Kirchen russischer Tradition in Westeuropa, dem Gläubige unterschiedlichster Herkunft angehörten, in „Verwirrung und Verzweiflung“ gestürzt.

Sogar die Einheit des Erzbistums sei dadurch bedroht, heißt es in der Erklärung weiter. „Unsere Gläubigen erwarten von ihren Hirten, dass sie Träger der Stimme der Kirche seien und der Friedensbotschaft des Evangeliums“, so Metropolit Jean. Er unterstrich, dass das Erzbistum in „vollumfänglicher Solidarität mit den Opfern dieses Konfliktes“ stehe. Ausdrücklich verwies er auf den Aufruf des Hl. Synods der Ukrainischen Orthodoxen Kirche an Patriarch Kirill vom 28. Februar, „bei den politischen Autoritäten der Russischen Föderation dafür einzutreten, dass diesem Blutbad ein Ende gemacht wird.“

Mit Unverständnis reagierte Metropolit Jean auf die Predigt von Patriarch Kirill vom 6. März: „Eure Heiligkeit, in Ihrer Homilie zum Versöhnungssonntag, die Sie in der patriarchalen Christi-Erlöser-Kathedrale […] gehalten haben, geben Sie zu verstehen, dass Sie diesen grausamen und mörderischen Angriffskrieg billigen als ‚einen metaphysischen Kampf‘ im Namen ‚des Rechts, sich auf der Seite des Lichts zu positionieren, auf Seiten der Wahrheit Gottes, auf Seiten dessen, was uns das Licht Christi, sein Wort, sein Evangelium offenbaren…‘. Mit allem Respekt, den ich Ihnen schulde und erweise, aber auch mit einem unermesslichen Schmerz, fühle ich mich verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, dass ich eine solche Auslegung des Evangeliums nicht unterschreiben kann. Nichts kann rechtfertigen und niemals ist es zu rechtfertigen, wenn die ‚guten Hirten‘, die wir sein sollen, aufhören, ‚Friedensstifter‘ zu sein – und das bleibt gültig, welche Umstände auch immer eintreten.“

Der offene Brief schließt mit der nochmaligen Bitte an Patriarch Kirill, „Ihr Möglichstes zu tun, dass dieser schreckliche Krieg ein Ende nimmt, der die Welt entzweit und nur Tod und Zerstörung sät.“

Das Erzbistum der orthodoxen Kirchen russischer Tradition in Westeuropa, das vormalige Pariser Exarchat, war erst 2019 mit der Mehrheit seiner Gemeinden unter das Dach des Moskauer Patriarchats zurückgekehrt, nachdem das Ökumenische Patriarchat 2018 überraschend den Exarchatstatus aufgehoben hatte. (NÖK)

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