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Ukraine: Strafverfahren wegen Verstößen gegen Corona-Maßnahmen eröffnet

30. April 2020

Während der orthodoxen Osterfeiern hat die Polizei in der Ukraine 19 Verstöße gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie registriert. Beispielsweise befanden sich mehr als zehn Gläubige in einer Kirche, manche zusätzlich ohne persönliche Schutzausrüstung. In fünf Fällen hat die Polizei Strafverfahren eingeleitet, vier davon betreffen die Region Donezk, einer die Region Ternopil. Alle Fälle betreffen Kirchen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die dem Moskauer Patriarchat untersteht.

An den Ostergottesdiensten nahmen in der Ukraine insgesamt 130‘000 Personen teil, letztes Jahr waren es fast 7 Mio. Dafür verfolgten dieses Jahr am 19. April mehr als 9 Mio. Menschen live die Ostergottesdienste über die nationalen Fernsehsender. Zusätzlich haben viel Ukrainer auch in den sozialen Medien und auf regionalen Fernsehsendern Gottesdienste live geschaut.

Besonders betroffen vom Coronavirus ist die Lavra von Potschaev in Ternopil, die auch Gegenstand eines der Strafverfahren ist. Am 21. April wurde die ganze Stadt abgeriegelt und zur Quarantänezone erklärt. An den Ausfahrtsstraßen wurden Polizeiposten eingerichtet, ohne dringende Notwendigkeit darf niemand die Stadt verlassen. Zugang erhalten nur Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen. Die lokalen Behörden ergriffen die strikten Maßnahmen, nachdem die Leitung der Lavra sich unkooperativ verhalten hatte, als dort in der Woche zuvor Infektionsfälle festgestellt worden waren. In der Stadt sind auch zahlreiche Einwohner infiziert, weil sie am Palmsonntag ihre Osterkörbe in der Lavra segnen ließen, wie Epidemiologen vermuten. Dabei seien Hunderte Gläubige mit zu wenig Abstand bei der Kirche gewesen. Neben mehreren Geistlichen der Lavra ist auch der Metropolit von Ternopil, Sergij (Gensizkij), an Covid-19 erkrankt.

In der Lavra von Svjatogorsk in der Region Donezk versammelten sich in der Osternacht rund 300 Personen ohne ausreichenden Sicherheitsabstand. Neben der Einleitung eines Strafverfahrens versucht die Polizei, alle Teilnehmer zu identifizieren und am Verlassen der Region zu hindern. In Kiew sind laut der Polizei die dortigen Osterfeiern ohne ernste Verstöße gegen die Regeln verlaufen. In und um die Kirchen haben sich offenbar keine Menschenansammlungen gebildet. Allerdings hat der Kiewer Bürgermeister Vitalij Klitschko das Kiewer Höhlenkloster schon am 13. April unter Quarantäne gestellt, weil sich dort die Infektionen häuften. Inzwischen seien alle Geistlichen, rund 150 Personen, infiziert. Zudem seien Mönche, Dozenten und Studenten der Geistlichen Akademie, die sich auf dem Areal des Höhlenklosters befindet, erkrankt, erklärte Metropolit Kliment (Vetscherja), Leiter der Informationsabteilung der UOK. Die Mehrheit der Betroffenen sei jedoch bereits auf dem Weg der Besserung.

Der Gesundheitsminister der Ukraine, Maksim Stepanov, bringt den Zuwachs von Infizierten mit dem Besuch in Kirchen am orthodoxen Palmsonntag am 12. April in Verbindung. Rund fünf Tage nach dem Feiertag seien die Fallzahlen gestiegen. Dieser Anstieg wurde in einer Mitteilung des Pressedienstes des ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelenskyj auch mit den katholischen Osterfeiern am 12. April in Zusammenhang gebracht. Rund 100‘000 Ukrainer hätten diese in Kirchen besucht.

Von Einschränkungen betroffen sind auch die Muslime, die seit dem 24. April den Fastenmonat Ramadan feiern. So können die gemeinsamen Gebete nicht in Moscheen stattfinden, sondern nur zuhause im Kreis der Familie. Die Religiöse Verwaltung der Muslime der Ukraine hat daher ihre Online-Projekte ausgebaut, um das Gemeinschaftsgefühl zu erhalten und auf spirituelle Bedürfnisse einzugehen. Zudem hat sie ein System zur Verteilung von Lebensmittelpaketen für das Fastenbrechen zuhause lanciert. (NÖK)