Die neue Kathedrale ist eine der größten orthodoxen Kirchen weltweit, ihr Bau war entsprechend teuer. Finanziert wurde sie von der Rumänischen Orthodoxen Kirche, durch Spenden und großzügige staatliche Beiträge. Wie wird das Mammutprojekt in der rumänischen Bevölkerung wahrgenommen?
Während Teile der Bevölkerung der Argumentation der Kirchenleitung folgen und die Notwendigkeit eines repräsentativen Gotteshauses in der Hauptstadt des Landes befürworten, stehen dem Projekt auch zahlreiche Kritiker gegenüber. Diese sehen angesichts der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse vieler Menschen die neue Kathedrale als unzeitgemäßes Bauwerk an. Die Kirche solle sich eher sozialen und karitativen Aufgaben zuwenden. Angesichts der Dimensionen des Projekts wurde auch der Vorwurf des Größenwahns laut. Auch der Name der Kathedrale rief Kritik hervor, da er die Bedeutung der Nation in den Vordergrund stelle.
Welche Symbolik verbindet die Rumänische Orthodoxe Kirche mit dem Kirchenbau?
Aus der Sicht der Kirchenführung soll die Kathedrale den „Opfer[n] der Vorfahren für den Glauben, der Würde und Einheit des Volkes sowie der Befreiung des Landes von der Diktatur und dem Atheismus“ ein Denkmal setzen. Sie soll als „Symbol der nationalen und geistigen Einheit des gesamten rumänischen Volkes“ dienen, so die offizielle Verlautbarung. Die Kathedrale soll also auch für jene Ziele stehen, die 1877/78 sowie 1925 anvisiert wurden, d. h. neben der Einheit dann (endlich) die Errichtung einer Patriarchatskirche, da der Patriarch seit 1925 in der zu kleinen Metropolitankirche residiert. Die neue Kirche soll letztendlich den Sieg über das atheistische kommunistische Regime symbolisieren, nachdem gerade in Bukarest im Rahmen der „Stadtumgestaltung“ durch Nicolae Ceauşescu eine Reihe von Kirchen zerstört worden waren.
Hans-Christian Maner, Dr., Professor im Historischen Seminar an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; Zuständigkeit: Geschichte Ostmittel- und Südosteuropas.
Bild: Die Kathedrale der Erlösung des Volkes in Bukarest im Juli 2018 (Wikimedia Commons, ©Mihail).